Interview: Vivax Assist aus Wörgl
E-Bike sportiv
Interview: Vivax Assist aus Wörgl
in Story
in Story
2012 brachten sie ein komplett neues, selbst entwickeltes Antriebssystem auf den Markt. Und änderten im Rahmen des Produktrelaunchs auch gleich ihren Markennamen. So ist aus „Gruber Assist“ „Vivax Assist“ geworden. Den Steinbock haben sie als Logo beibehalten. Er steht für mühelose Fortbewegung im Gebirge. Ihre Vision: sportlich leichte Fortbewegung in den Bergen dank dem federleichten Antriebssystem von Vivax Assist. Im Interview verraten sie, ob Fabian Cancellara wirklich mit dem Vivax-Antrieb das Paris-Roubaix- Rennen gefahren ist und welche die wichtigsten Neuerungen am Antriebssystem sind.
Interview mit Karl und Monika Schweitzer, Geschäftsführer Vivax Assist
ElektroRad: Herr Schweitzer, woher stammt die Idee zu einem superleichten, im Sitzrohr versteckten Antriebssystem Vivax Assist?
Karl Schweitzer: „Als Juror der Tiroler Zukunftsstiftung lernte ich im Mai 2005 ein Gründerteam kennen, das an einem Ultraleicht-Antrieb für Fahrräder arbeitete. Das Team gewann damals den Businessplanwettbewerb „Adventure X“. Als Ingenieur und Unternehmer habe ich mich sofort für das Projekt begeistert. Gemeinsam mit den beiden Ideengebern gründete ich das Unternehmen Gruber Antrieb GmbH & Co. KG.“
ElektroRad: Und dann haben Sie die erste Version des Gruber-Antriebs verkauft?
Karl Schweitzer: „Nein, so schnell ging das nicht. Mehr als ein Jahr intensiver Entwicklungsarbeit standen zwischen der Idee und der Markteinführung. 2006 ist der Antrieb dann auf den Markt gekommen.“
ElektroRad: Wie kam es zu der aktuellen Änderung Ihres Markennamens, Frau Schweitzer?
Monika Schweitzer: „Unser Antriebssystem wurde bisher unter der Marke „Gruber Assist“ verkauft. Da wir 2012 einen komplett neuen Antrieb auf den Markt gebracht haben, war der Zeitpunkt günstig für einen Relaunch. Zukünftig möchten wir uns im Vertrieb vermehrt um den internationalen Markt kümmern und den Export in derzeit 12 Ländern intensiv ausbauen. Der neue Markenname Vivax Assist beschreibt die Qualität und das Understatement unseres Motorwinzlings präzise.“
ElektroRad: Was haben Sie am neuen Vivax-Assist-Antriebssystem verbessert?
Monika Schweitzer: „Wegweisend ist die von meinem Vater neu entwickelte Regelungstechnik. Eine ausgeklügelte Trittfrequenzregelung ermöglicht die Kommunikation zwischen Fahrer und Motor. Die dafür notwendige Software ist auslesbar. Unsere Entwicklungsarbeit zielt immer auf gesteigerten Kundennutzen wie Funktionalität, einfaches Handling und lange Lebensdauer ab.“
Herr Schweitzer ergänzt: „Unser Motor unterstützt den Biker optimal. Wenn der Fahrer nicht mehr seine volle Leistung bringen kann, ergänzt ihn der Motor. Der Stromverbrauch unter Volllast konnte von 6 A auf 5 A reduziert werden. Durch Verwendung der besten auf dem Markt erhältlichen Akkutechnik und Zellen mit Batteriemanagementsystem sind Akkugewichte ab 850 Gramm möglich.“
ElektroRad: Apropos Akku, haben Ihre Akkus den UN-Test bestanden?
Karl Schweitzer: „Der Akku wird gerade dem UN-Test unterzogen. Das erste Feedback ist positiv.“
ElektroRad: Wie lange unterstützen Ihre Akkus?
Karl Schweitzer: „Bei voller Belastung (5 A), also maximaler Unterstützung reicht der Akku mit der größten Kapazität (8,25 Ah) 100 Minuten.“
ElektroRad: Wie hoch ist die Lebensdauer Ihres Getriebes im Schnitt?
Karl Schweitzer: „Der Motor ist ein wartungsfreier Gleichstrommotor und läuft in der industriellen Anwendung 365 Tage – 24 Stunden. Wir empfehlen eine Getriebewartung nach 300 Betriebsstunden. Also dem Motor in Aktion. Der Akku ist ausgelegt auf 800 Ladezyklen.“
ElektroRad: Welches Gesamtgewicht bringt das Vivax-Antriebssystem auf die Waage?
„1,8 Kilo“, schmunzelt Herr Schweitzer stolz. „Damit haben wir es geschafft, das weltweit leichteste E-Mountainbike auf der Eurobike zu präsentieren.“
ElektroRad: Das ist wirklich unglaublich leicht für ein Elektrorad. Wie stark ist denn Ihr Motor?
Karl Schweitzer: „Der Motor hat 200 Watt.“
ElektroRad: Reicht das?
Karl Schweitzer: „Ja, unsere Kunden sind nach der ersten Testfahrt immer wieder erstaunt über die enorme Leistung bei dem geringen Zusatzgewicht.“
ElektroRad: Gibt es eine Begrenzung bis 25 km/h?
Karl Schweitzer: „In unserem System ist optional eine Abriegelung bei 25 km/h integriert. Die meisten Fahrer wünschen dies aber nicht.“
ElektroRad: Mit Ihrer Motorsteuerung sprechen Sie vor allem sportliche Radfahrer an?
Karl Schweitzer: „Das ist richtig. Unser Antriebssystem ist insbesondere für Rennrad- oder Mountainbikefahrer gedacht, die mal eben eine Unterstützung oder Motivation am Berg brauchen. Seit Kurzem kommen aber auch vermehrt Trekkingbike- und Crossfahrer auf uns zu. Vielen reichen die 200 Watt auch in der Ebene und das geringe Gewicht beeinflusst hier die Kaufentscheidung.“
ElektroRad: Wie schätzen Sie die Entwicklung des E-Sportfahrradmarktes ein?
Karl Schweitzer: „Wenn Sie wirklich Sport meinen, sind wir derzeit mit dem Sattelrohrmotor der einzige Anbieter der diese Niesche bedient. Das Radfahren ist dann sportlich, wenn das Fahrrad auch ohne Motor, also als herkömmliches Fahrrad verwendet werden kann. Das geht nur mit einem leichten Fahrrad. Wir schauen mit unseren Produkten zuversichtlich in die Zukunft, da auch ehemalige strikte Gegner des E-Bike- Booms auf unsere Produkte umrüsten.“
ElektroRad: Ich erinnere mich an starke Motorgeräusche beim Fahren der ersten Modelle…
Monika Schweitzer: „Gerne laden wir Sie auf eine Testfahrt mit dem neuen Vivax Assist 4.0 ein. Das Feedback auf unserer Hausmesse war extrem positiv – keine Schaltverzögerung und kein Geräusch mehr.“
ElektroRad: Zuerst haben Sie das Antriebssystem nur als Nachrüstsatz verkauft. Wie kam es zu der Entscheidung, mit eigenen Fahrrädern an den Markt zu gehen?
Monika Schweitzer: „Immer mehr Händler haben nach einem Komplettrad mit Antriebssystem gefragt. Da haben wir uns entschieden eigene Produkte zu entwickeln, die unseren Vorstellungen von einem leichten Elektrosportrad entsprechen und bei denen Geometrie, Rahmensteifigkeit und hochwertige Komponenten aufeinander abgestimmt sind. Außerdem ist Optik für uns ein ganz wichtiger Punkt. Unser Ziel ist es, dem Kunden ein perfektes Produkt zu verkaufen so wie das Vivax Alpha.“
ElektroRad: Wie kann der Fachhändler Ihren Antrieb bei sich im Laden in ein Fahrrad einbauen, Herr Schweitzer?
Karl Schweitzer: Ich habe ein spezielles, patentiertes Werk- zeug entwickelt, mit dem kein Ausbau der Kurbel mehr nötig ist. Der Fahrradhändler kann das Werkzeug bei uns kaufen und unseren Antrieb dann bei sich vor Ort direkt ins Kundenrad einbauen.“
ElektroRad: Wo kann man die Vivax-Produkte kaufen?
Karl Schweitzer: „Wir haben aktuell 70 Fachhändler in Deutschland und ca. 30 in Österreich. Der Kunde kann dort entweder ein Vivax-Komplettrad bzw. Rahmenset kaufen oder sich das Antriebssystem in sein eigenes Fahrrad einbauen lassen.“
ElektroRad: Jetzt muss ich doch mal nachfragen: War die Geschichte mit Fabian Cancellara auf der Paris-Roubaix-Rundfahrt ein PR-Gag?
Frau Schweitzer lacht: „Nein, das war kein PR-Gag. Wir sind selbst von dieser Nachricht überrascht worden.“
ElektroRad: Das heißt, Sie haben Herrn Cancellara kein Antriebskit verkauft?
Monika Schweitzer: „Nein, das haben wir nicht. Er kann ihn aber bei einem unserer Händler bekommen haben. Nach dem das Gerücht im Umlauf war, kamen sogar Leute von Specialized angereist und haben unser Antriebssystem ins Visier genommen.“
ElektroRad: Welche Auswirkungen hat diese Geschichte auf Ihr Geschäft?
Karl Schweitzer: „Die Anfragen aus Italien sind stark gestiegen. Die Italiener gehen sogar einen Schritt weiter und bauen unseren Akku eigenständig in eine Trinkflasche ein, um keine Satteltasche mitführen zu müssen. Den Antriebsknopf positionieren sie statt am Lenker unter dem Sattel, damit man wirklich nichts mehr vom Antrieb erkennen kann.“
ElektroRad: Wie groß ist der Anteil an Antriebssystemen, die Sie aktuell nach Italien verkaufen im Verhältnis zum Gesamtvolumen?
Karl Schweitzer: „Etwa ein Drittel. In diesem Jahr rechnen wir mit rund 500 verkauften Vivax Assist-Systemen.“