E-Bikes für die Reise: Mit welchem E-Bike-Typ reise ich am besten?
Egal, ob mit leichtem Gepäck oder großem Kofferraum
E-Bikes für die Reise: Mit welchem E-Bike-Typ reise ich am besten?
in Test & Teile
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Das klassische Reiserad hat keinen Motor. Weltenbummler und heimische Vielfahrer setzen auf Stahl, Starrgabel, wenig Chichi. Dafür viel Pragmatismus wie leicht zu reparierende Komponenten und viel Platz für Taschen. Sei es am Gepäckträger hinten oder am Lowrider vorn. Hier stehen viele Kompromisse an: Wartungsfreie Schaltung oder enorme Gangspreizung für Klettertouren im Gebirge? Griffige Reifen für Touren abseits von Asphalt oder energieschonende Pneus mit wenig Profil für leises, widerstandsarmes Rollen? Gestreckte Sitzposition für effizienteres Treten oder aufrechter Platz für den Panoramablick? Vieles davon entfällt bei E-Bikes.
Zwischen den Extremen schrumpft die Trennschärfe, denn vieles fängt der E-Antrieb auf. Darum gibt es die Adaption des klassischen Reiserads mit E-Antrieb kaum. Nur einige Spezialradhersteller bieten explizite E-Reiseräder an. Denn dank des Motors lassen sich viele Alltagsräder bedenkenlos mit auf Tour nehmen. Die Wahl des richtigen Reisebegleiters fällt so nicht mehr entlang der Kompromisslinien, sondern je nach Geschmack.
E-Bikes für die Reise: Von schnell bis großvolumig
Darum stellen wir in unserem Reiserad-Vergleich nicht die auf den Punkt hin konstruierten Spezial-Pedelecs vor, sondern zeigen, wie und wo Sie Ihr Alltags- oder Sport-E-Bike problemlos auf Reisen einsetzen können.
Wir präsentieren reisetaugliche E-Bikes vom Gravel- und Mountainbike über das Trekkingrad und SUV bis hin zu einem sehr variablen Cargobike, das uns seine Langstreckentauglichkeit bewiesen hat. Getestet haben wir alle Räder mit unserem bewährten Testschema, das mehr als 80 Unterpunkte umfasst. Das haben wir um einige weitere Testkriterien speziell für den Anspruch von Radreisenden ergänzt. Wegen des breit aufgestellten Testfelds gilt es, jedes Rad einzeln zu betrachten – unser Test ist kein Vergleich. Ziel ist, Ihnen zu zeigen, was alles möglich ist.
SUV vollgefedert
Unsere Reiseradstrecke startet mit einem vollgefederten SUV-Bike. Diese Gattung ist in den vergangenen zwei Jahren enorm gewachsen, insbesondere in Kombination mit tiefem Einstieg. Kaum ein großer Fahrradhersteller, der aktuell kein solches vollgefedertes Komfort-Rad anbietet. Diese Gattung zeichnet sich außerdem durch grobstolligere Reifen und eine Alltags-Vollausstattung aus.
Starteten vollgefederte SUV-Bikes vor einigen Jahren als Mountainbike-Adaption, entfernen sie sich inzwischen immer mehr von den sportlichen Downhill-Maschinen. Der Komfortanspruch wird größer, damit auch die entsprechende Ausstattung. Mehrfach verstellbare Vorbauten gehören ebenso dazu wie Lenker mit Flossengriffen, Tourensättel, eine aufrechtere Sitzposition als bei reinrassigen E-Mountainbikes und eben der tiefe Durchstieg im Rahmen.
Damit haben die Bikes aber auch etwas ihre Offroadtauglichkeit eingebüßt. Denn steilere Lenkwinkel und weniger Federweg bedeuten in schwerem Gelände auch weniger Kontrolle und Traktion. Für sanfte Trampelpfade, ruppige Wald- und Feldwege aber sind diese Räder die komfortabelste Gattung. Auf Asphalt hingegen sind die Abrollgeräusche der Reifen und deren Rollwiderstand höher als beim klassischen Trekkingrad mit Tourenbereifung. Für Radreisen eignen sie sich dank der meist kräftigen Motoren fürs Gebirge. Ein Alpencross auf Wald- und Bergwegen ist mit ihnen ebenso möglich wie Touren im Flachland mit einem großen Anteil nicht asphaltierter Flächen. Da punkten die so genannten SUV-Fullys mit ihrem erhöhten Federungskomfort.
SUV-Hardtail
Hardtail bedeutet ungefederter Rahmen. Diese geländegängigen Bikes mit Vollausstattung – also Spritzschützern, Gepäckträger und Lichtanlage – sind Trekkingräder mit einem gewissen Etwas: etwas mehr Zuladung, etwas robuster, etwas breitere Reifen, etwas sportiver und etwas muskulösere Optik. Sie entstanden wie die vollgefederten SUV aus E-Mountainbikes, die von ihren Fahrern mit Alltagsausstattung nachgerüstet wurden. Steckschutzbleche, Gepäckträger für die Sattelstütze, Stecklichter.
Die Zahl solcher Alltags-Mountainbikes nahm stetig zu, sodass viele Hersteller begannen, ihre Mountainbikes ab Werk mit Vollausstattung auszurüsten. Auch bei den „nur“ mit einer Federgabel ausgestatteten SUV setzen sich inzwischen Räder mit variablem Vorbau, tiefem Einstieg und aufrechterer Sitzposition, also die Komfortvarianten durch. Auf Reisen sind diese SUV unkomplizierter als ihre vollgefederten Geschwister. Denn meist schultern sie mehr Gepäck, das dann auch solider am Heck verstaut werden kann. Sie fühlen sich zudem steifer an, was insbesondere die Fahrt mit viel Zuladung erleichtert.
Trekkingrad mit Mittelmotor
Der Reiseklassiker im E-Bike-Segment. Trekkingräder vereinen viel: Sie sind alltagstauglich, robust, laufen leichter als SUV, haben gute Gepäckträger, eine komfortable Sitzposition und Langläuferqualitäten. (Luft-)Federgabeln mit etwas weniger Hub als bei SUV-Bikes sorgen für Federungskomfort, kräftige Mittelmotoren und passende Akkus für Vortrieb auch auf steilen und steilsten Wegen. Die sollten dann aber befestigt sein.
Feld- und Waldwege sind mit Trekkingrädern kein Problem. Bei Nässe und weichem Untergrund verlieren sie aber offroad schneller die Haftung als SUV. Ihr beliebtestes Terrain sind gut ausgebaute Fernradwege, auch Alpenüberquerungen wie etwa auf der Via Claudia Augusta machen auf einem Trekkingrad enorm viel Spaß.
Trekkingrad mit Heckmotor
Alles, was für das Trekkingrad mit Mittelmotor gilt, trifft auch für die Heckantriebs-Version zu. Wir empfehlen diese Motorvariante aber eher den Fahrern, die flaches bis welliges Terrain bevorzugen. Heckmotoren sind im Vergleich zu Mittelmotoren am Berg etwas weniger leistungsfähig. Denn sie sitzen direkt am Hinterrad und drehen deshalb auch nur so schnell wie eben dieses. Mittelmotoren haben eine interne Übersetzung, sodass sie ohnehin schon höher drehen als Heckmotoren. Außerdem sitzen sie vor der Gangschaltung, drehen also so schnell wie der Fahrer. So kann man diese Motoren viel öfter in effizienten Drehzahlbereichen fahren als Heckmotoren.
Im flott gefahrenen welligen Gelände macht sich dieser Unterschied kaum bemerkbar. Im Flachen loben viele Heckmotorfans den etwas natürlicheren Antrieb. Dazu kommt: Je schneller das Heckmotorfahrrad, desto harmonischer läuft der Motor. Auch deshalb sind Hecknabenmotoren bei schnellen E-Bikes, den S-Pedelecs, die absolute Referenz. Der vielleicht auffälligste Unterschied zwischen Heck- und Mittelmotor: Nabenmotoren sind nahezu geräuschlos. Geben Mittelmotoren deutlich ihr „Singen“ ab, sind Heckmotoren flüsterleise.
Transportrad
Jetzt wird es exotisch: Ein Lastenrad auf Reisen? Geht das? Und ob! Viele Hersteller von Cargobikes haben mehr und mehr die Langstrecke im Fokus.
Seit die oft hochpreisigen Räder oft von Familien, also mehr und mehr privat genutzt werden, stehen auch Ausflüge auf deren Anforderungsprofil. Entsprechend statten die Hersteller diese Räder inzwischen aus: größere Akkus wegen des höheren Gewichts, starke Motoren, variable Gepäcklösungen bis hin zu Sitzen für Kinder.
Auch Camper müssen dank Cargobike auf nichts verzichten. Aufs Rad passen die gesamte Ausrüstung und Gepäck für mehrere Urlauber. Gleichzeitig sind viele so kompakt, dass sie auf Heckträgern, im Kofferraum und – Nachsicht der Schaffner vorausgesetzt – im Zug mitgenommen werden können.
Randonneur und Gravelbike
Randonneure und Gravelbikes sind die sportlich flinken Reiseräder auch mit E-Antrieb. Rennradlenker, schmale, nicht profilierte Reifen oder eben Gravel-Bereifung sorgen für gute Laufeigenschaften mit geringem Widerstand, Ösen an Gabel und Rahmen für variable Gepäckbefestigung. Der Randonneur unterscheidet sich vom reinrassigen Gravelrad durch die Vollausstattung Gepäckträger, Spritzschützer und Lichtanlage.
Ist das SUV das Mountainbike für jederzeit, ist der Randonneur das Gran Turismo unter den Fahrrädern. Die sportlich-flinken E-Bikes haben meist kleinere, leichtere, weniger kraftvolle Motoren. Es gibt sie aber auch – wie unser Test zeigt – mit den großen Power-Aggregaten von Bosch und Shimano. Sportliche Sitzposition, reduzierter Komfort und teilweise gute Offroad-Qualitäten zeichnen die puristischen Reiseräder aus. Ohne Vollausstattung sind die Räder ideal für Bikepacking-Touren.
E-Mountainbike
Mit dem E-Mountainbike schließen wir den Kreis, den wir beim SUV-Fully angefangen haben zu ziehen. E-Mountainbikes mit Vollfederung sind kompromisslose Sport-Räder, die es aber durchaus auch in tourigen Varianten gibt. Enormer Federweg ab mindestens 140 mm, sehr breiter Lenker, kraftvoller Motor, sportliche Geometrie.
Nicht jeder will einerseits auf solch einem Rad viele Stunden im Sattel sitzen. Eine Alpenüberquerung auf einem E-Mountainbike andererseits ermöglicht Eindrücke, die uns alle anderen Bike-Kategorien verwehren. Ausgestattet mit Bikepacking-Taschen machen sich immer mehr E-Bike-Freunde auf dem MTB ab in den Urlaub.
E-Bikes für die Reise im Test: Fazit
Fast alle Pedelec-Klassen sind „urlaubsreif“, also geeignet auch für große Radtouren über mehrere Tage oder gar Wochen. Wer mit elektrischer Unterstützung unterwegs sein will, sollte sich vorher aber die Strecke genau anschauen. Entweder heißt es: Passe die Wege an dein Bike an oder umgekehrt. Ist die Auswahl stimmig, steht einer ausgedehnten Radreise mit dem E-Bike nichts mehr im Wege – es sei denn, Sie vergessen das Ladegerät.
Diese Reise-E-Bikes haben wir getestet
E-Bike-Gattung | Marke | Modell | Preis |
SUV | Conway | Cairon SUV FS 5.7 | 4599 Euro |
Trekkingrad | Qwic | Atlas Vario | 5599 Euro |
Trekkingrad | Giant | Explore E+ Pro 1 | 4099 Euro |
Trekkingrad | Poison | Arsen | 5999 Euro |
Lastenrad | Tern | GSD S00 | 6399 Euro |
Randonneur/Gravelbike | Rose | Backroad+ Randonneur | 5799 Euro |
Randonneur/Gravelbike | Canyon | Grail:ON CF 8 | 5299 Euro |
MTB-Fullsuspension | Husqvarna | Mountain Cross LE | 4999 Euro |
Die ausführlichen Testberichte der E-Reiseräder finden Sie in der ElektroRad 3/2022. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.