SC Freiburg: Christian Günter Interview zum Deutschen Fahrradpreis 2023
Fahrrad und Profifußball: Interview mit SC Freiburg Kapitän Christian Günter
SC Freiburg: Christian Günter Interview zum Deutschen Fahrradpreis 2023
in Persönlichkeiten
Mit dem SC Freiburg erhält dieses Jahr erstmals ein Verein den Deutschen Fahrradpreis.
Laut der Jury vereine der Bundesligist Fußballleidenschaft mit Fahrradliebe auf allen Ebenen. Wir haben mit dem Mannschaftskapitän Christian Günter über die Rolle des Fahrrades im Trainingsalltag, in seinem Privatleben sowie im Freiburger Stadtverkehr gesprochen.
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SC Freiburg: Diese Rolle spielt das Fahrrad im Fußballverein
Wie jedes Jahr bestand die Jury des Deutschen Fahrradpreises auch 2023 aus Personen, die Radverkehrsförderung aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Darunter Vertretende aus Fahrradindustrie, Verkehrsplanung, Verbänden, Ministerien, Tourismus sowie Kommunikation.
Dass bei der 23. Auflage der Auszeichnung erstmals ein Verein statt einer prominenten Person für seinen außergewöhnlichen Einsatz für das Fahrrad ausgezeichnet wurde, lag für die Entscheider vor allem in der Vielschichtigkeit des Engagements begründet. Für viele Fans und Mitarbeiter sei es beispielsweise selbstverständlich, mit dem Fahrrad zum Spiel oder zur Arbeit zu fahren.
Dazu beitragen würden zweifelsfrei die optimalen Bedingungen vor dem Europa-Park Stadion, der Heimspielstätte des SC Freiburg. Dort werden mit 3700 Fahrrad-Stellplätzen in Summe 1600 mehr als für Autos angeboten – und damit so viele wie bei keinem anderen Erstligisten.
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Weiter würden auch aus dem sportlichen Bereich bei den Profis, Frauen- und Mädchenteams sowie der Freiburger Fußballschule viele Aktive, Trainer und Betreuer das Fahrrad als Fortbewegungsmittel nutzen. Passend dazu trage der Verein aus dem Breisgau ab der kommenden Saison mit dem neuen Hauptsponsor JobRad das Fahrrad wortwörtlich auf der Brust.
In der Begründung des Deutschen Fahrradpreises heißt es außerdem, dass der SC Freiburg als Bundesligist nicht nur eine große Vorbildfunktion für die Fußballfans habe, sondern mit Aktionen und Angeboten auch gezielt Einfluss auf deren Verkehrsverhalten nehmen würde. Auch auf dem Aktionsspieltag Klimaschutz Ende April nutzte der Verein seine Reichweite, um darüber aufzuklären, wie wichtig nachhaltige Mobilität und klimaschonendes Handeln ist.
Im Rahmen der dort überreichten symbolischen Trophäe hob SC Freiburg Vorstand Oliver Leki die Bedeutung der Auszeichnung in der aktuellen Diskussion rund um den Klimawandel hervor. Der Deutsche Fahrradpreis sei zudem eine Bestätigung der jahrelangen Nachhaltigkeitsaktivitäten des Klubs. Die offizielle Verleihung erfolgte am 20. Juni auf dem Nationalen Radverkehrskongress in Frankfurt am Main durch Bundesverkehrsminister Volker Wissing.
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Im Vorfeld haben wir ein Interview mit Freiburgs Mannschaftskapitän Christian Günter geführt und dabei auch über seinen ganz persönlichen Bezug zum Fahrrad gesprochen.
Christian Günter: Mannschaftskapitän des SC Freiburg im Interview
Herr Günter, können Sie sich noch an Ihre ersten Meter auf einem Fahrrad erinnern?
Bei uns zuhause in Tennenbronn war es relativ bergig. Heißt, es ging direkt von meinem Elternhaus aus steil bergauf oder eben bergab. Da war das Fahrrad nicht das Erste, woran man beim Thema Fortbewegung gedacht hat. Wann genau ich dennoch mit dem Radeln angefangen habe, weiß ich gar nicht mehr. Woran ich mich aber sehr gut erinnere: Zur Kommunion bekam ich mein erstes eigenes top-ausgestattetes Fahrrad. Damit bin ich dann regelmäßig auf das Kleinspielfeld, den Sportplatz oder zu meinen Freunden bei uns im Ort gefahren.
… und haben fortan welche Vorteile in Ihrem Alltag genossen?
In erster Linie, dass ich nun ein Stück weit mobiler und nicht mehr so viel von Mama und Papa abhängig gewesen bin. Ich bin praktisch überall mit dem Fahrrad hingefahren. Wenn ich heute daran zurückdenke, wäre es zu schön und nicht ganz so anstrengend gewesen, wenn ich damals schon ein E-Bike gehabt hätte (lacht).
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Womit Sie mir auch schon die Frage beantwortet hätten, ob Sie heute am liebsten mit oder ohne Motor unterwegs sind.
Es ist tatsächlich so, dass ich heute eigentlich nur noch mit einem E-Bike unterwegs bin. Privat fahre ich eines von Focus Bikes. Es erhöht einfach den Fahrspaß, wenn man an Anstiegen ganz entspannt per Knopfdruck etwas mehr Unterstützung zuschalten oder in Kombination mit einem Kinderanhänger noch zügiger und leichtfüßiger von A nach B fahren kann. Ein Fahrrad ohne Motor steht zwar weiterhin in unserer Garage, kommt aber tatsächlich immer seltener zum Einsatz.
Christian Günter: Bevorzugt mit dem E-Bike unterwegs
Sprechen wir noch mal über die Zeit, als ein eigenes E-Bike noch in weiter Ferne lag. Haben Sie als Kind und Jugendlicher auch größere Touren unternommen?
Im Urlaub mit meinen Eltern war das Fahrrad sehr oft mit dabei. Auch in der Heimat haben wir viele gemeinsame Radtouren gemacht, wenn auch nicht immer direkt von zuhause aus gestartet. Wie bereits erwähnt, musste man erst mal ordentlich den Berg hochradeln, bis man eine ebene Fläche für gemütliches Radfahren erreicht hatte. Um den Start etwas zu erleichtern, haben wir die Räder daher öfter mal auf einen Auto-Heckträger gespannt. Vermutlich konnten mich meine Eltern so auch noch öfter für eine Radtour motivieren (grinst).
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Springen wir nun in die Gegenwart. Über Ihren Trainer Christian Streich ist bekannt, dass er oft mit dem Fahrrad zum Training fährt. Trifft er Sie dann regelmäßig am Fahrradständer auf dem Vereinsgelände?
Leider nicht mehr so oft. Als wir vor knapp zwei Jahren noch im alten Stadion gespielt haben, war mein Anfahrtsweg für das Fahrrad prädestiniert. Ich bin nur knapp fünf Minuten den Radweg an der Dreisam entlanggerollt, schon war ich da. Zu unserem neuen Stadion ist es etwas schwieriger für mich und ich muss ehrlich sagen, dass es mir einen Tick zu weit ist. Mit dem Auto dauert es etwa 30 Minuten – mit dem Fahrrad etwa doppelt so lang. Bei schönem Wetter fahre ich hin und wieder mit dem Motorroller zum Training.
Welche Rolle nimmt das Fahrrad in Ihrem Alltag als Fortbewegungsmittel ein?
Eine sehr große. Als junge Familie sind wir in der Freizeit überwiegend mit dem Fahrrad und einem Kinderanhänger unterwegs. Vorzugsweise auf Spielplätzen. Auch gibt es bei uns im Kappler Tal einige Bauernhöfe, die wir sehr oft mit unserer kleinen Tochter besuchen. Natürlich ist das auch wetterabhängig, aber wir sind als Familie schon deutlich mehr mit dem Fahrrad als mit dem Auto unterwegs.
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… und machen auch regelmäßig größere Touren?
Wir sind auch schon zweimal auf den Freiburger Hausberg Schauinsland mit seinen knapp 1300 Höhenmetern hochgefahren. An das erste Mal erinnere ich mich noch sehr gut, da wir nur einen Akku mit dabeihatten. Sie ahnen bestimmt schon, was passiert ist. Knapp 1,5 Kilometer vor dem Ziel ist dieser leer gefahren gewesen und ich musste ohne Motorunterstützung weiterfahren. Wohlgemerkt: ausschließlich bergauf. Gemeinsam mit dem Fahrradanhänger war das brutal anstrengend und für mich anschließend klar: Fortan haben wir immer einen zweiten Akku mit dabei! Seither hat der Strom immer bis zurück nach Hause gereicht und unser Touren-Radius ist stetig größer geworden.
Christian Günter: auf dem Fahrrad in die Natur eintauchen
Die bergige Landschaft des Schwarzwaldes haben Sie schon angesprochen. Fahren Sie diese am liebsten hoch oder runter?
Um ehrlich zu sein, bin ich bevorzugt in der Ebene unterwegs. Oder eben bergab. Was ich auch schnell festgestellt habe, ist, dass ich rein auf das Fahren und Fahrgefühl bezogen am liebsten auf Asphalt unterwegs bin. Dort fährt es sich am einfachsten. Allerdings ist auf Schotterwegen die Natur drumherum meistens schöner. Man taucht noch mehr in sie ein, gerade wenn man im Wald unterwegs ist. Für uns als Familie ist das die ideale Kulisse, um auf Radtour zu sein. Wenn einen dann zur Tour-Halbzeit ein Restaurant für eine Kaffeepause erwartet, wie das auf dem Schauinsland der Fall ist, sind alle Kriterien für eine perfekte Radtour erfüllt (grinst).
Sie sprechen das Eintauchen in die Natur an. Was können Sie persönlich dem Radfahren für positive Effekte abgewinnen?
Fahrradfahren ist ja im Normalfall etwas, das man draußen an der frischen Luft macht. Außer, klar, man sitzt auf einem Ergometer. In der Regel ist aber die Natur mit dabei und man sieht schöne Dinge. Daher gelingt das Abschalten beim Radfahren perfekt. Weiter kann ich mit der Familie tolle Ausflüge machen, die Gegend erkunden und meiner Tochter die Welt der Pflanzen oder Tiere näherbringen. Sie sehen also, dass ich dem Radfahren wirklich eine Menge abgewinnen und eben auch mal vom Druck meines Berufes als Leistungssportler abschalten kann.
Sie sprechen Ihren Beruf als Profifußballer an. In welchen Bereichen kommen Sie und Ihre Mannschaftskollegen beim SC Freiburg mit dem Fahrrad in Berührung?
Viele Spieler nutzen es beispielsweise dafür, um sich vor dem Training aufzuwärmen. Andere radeln wiederum nach Trainingsende darauf aus – und läuten so die Regeneration ein. Außerdem kommt das Fahrrad bei uns regelmäßig am Tag nach einem Pflichtspiel zum Einsatz. Hier machen die Spieler, die am Vortag gespielt haben, oft eine Radtour zusammen. Um sich zum einen etwas zu bewegen, was die Durchblutung fördert. Die Anstrengung zum anderen aber nicht zu groß werden zu lassen.
SC Freiburg: Fahrrad im Trainingsalltag des Bundesligisten
Und da wären noch die Trainingslager in der Sommer- und Winterpause. Warum ist auch dort das Fahrrad nicht wegzudenken?
Allen voran deshalb, weil wir Spieler sonst jeden Tag zum Trainingsplatz laufen müssten (lacht). Nein, natürlich spielen dort die bereits genannten Punkte ebenfalls die Hauptrolle. Aber es ist tatsächlich so, dass das Fahrrad uns in puncto Mobilität zugute kommt, da es auch reichlich sinnfrei wäre, die wenigen hundert Meter vom Hotel zum Training mehrmals am Tag mit Autos oder Bussen zurückzulegen. Außerdem kommen wir Spieler schon etwas aufgewärmt auf den Trainingsplatz – und nutzen den Rückweg ins Hotel als regeneratives Ausradeln.
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Jüngst hat der SC Freiburg die Auszeichnung zur „Fahrradfreundlichsten Persönlichkeit 2023“ erhalten. Wenn Sie sich die Strukturen in Ihrem Verein anschauen: Warum hat der Klub, Ihrer Meinung nach, diese Auszeichnung verdient?
Zunächst würde ich sagen, dass vor allem die komplette Stadt Freiburg das Thema Radfahren schon seit vielen Jahren im Fokus hat. Radfahrer genießen generell immer mehr Vorteile und Vorzüge. Ich nehme beispielsweise wahr, dass immer mehr Fahrradstraßen eingerichtet werden, die erlaubte Geschwindigkeit reduziert wird und die Stadt komplett mit Fahrradwegen ausgestattet ist. Es ist überall sichtbar, dass den Menschen hier das Radfahren immer attraktiver gemacht werden soll. Meiner Wahrnehmung nach leben wir beim SC Freiburg das genauso vor beziehungsweise knüpfen daran an. Beispielsweise durch die Vielzahl an Fahrradstellplätzen am neuen Stadion, dass gefühlt fast jeder mit dem Rad anreisen kann. Da Freiburg relativ eben ist, nutzen das, glaube ich, auch eine Menge unserer Zuschauer. Die Vorteile liegen ja auf der Hand: Man kommt einfacher zum Stadion und nach Abpfiff noch schneller wieder weg. Damit einher gehen eben auch nachhaltige Aspekte, also weniger CO2-Ausstöße bei der An- und Abreise. Natürlich spielt hier auch die geographische Lage sowie Größe der Stadt eine entscheidende Rolle. Freiburg ist relativ flach, die Größe überschaubar und die Wege daher entsprechend kürzer, als beispielsweise in einer Millionenstadt wie München. Diese Voraussetzungen machen das Fahrrad als Fortbewegungsmittel hier bei uns natürlich noch attraktiver.
… und nun ist ab dieser Saison 2023/24 passenderweise auch JobRad neuer Trikotsponsor beim SC Freiburg.
Ja, richtig. Einige meiner Teamkollegen sowie Mitarbeiter im Verein nutzen auch bereits deren Angebote. Ich selbst habe JobRad eigentlich erst richtig wahrgenommen, als klar war, dass sie unser Hauptsponsor werden. Mein Vater hat mir dann erzählt, dass sein Arbeitgeber seit bereits fünf Jahren mit JobRad zusammenarbeiten würde und immer mehr Kollegen und Kolleginnen täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit pendeln würden.
Christian Günter: Fahrrad wichtiges Thema beim Umweltschutz
Sie haben die nachhaltigen Aspekte bereits angesprochen. Welche Rolle messen Sie dem Fahrrad und E-Bike in puncto Umweltschutz bei?
Grundsätzlich ist es ja immer besser mit dem Fahrrad oder E-Bike, statt mit dem Auto, zu fahren. Gerade bei längeren Staus in Innenstädten wird das ja besonders sichtbar, wenn parallel dazu auf dem Radweg ein Radfahrer nach dem anderen vorbeifährt und eben keine Abgaswolke hinter sich herzieht. Je mehr Menschen ihre Wege mit dem Fahrrad bestreiten, desto besser ist das für die Umwelt. Von dem her spielt das Rad, vor allem als alltägliches Verkehrsmittel, in Bezug auf den Umweltschutz eine große Rolle.
Wobei die Attraktivität des täglichen Radfahrens auch immer stark an die vorhandene Infrastruktur gekoppelt ist. Welche Note würden Sie hier der Stadt Freiburg ausstellen?
Anhand einer Zahl möchte ich das nicht bemessen. Ich kann aber sagen, dass sich diesbezüglich enorm viel getan hat, seit ich vor zwölf Jahren nach Freiburg gezogen bin. Beispielsweise daran erkennbar, wie viele Straßen einst zweispurig waren und heute eine Spur davon ausschließlich von Radfahrern befahren werden darf. Auch fühle ich mich beim Radfahren in der Innenstadt sicher genug, auch mit Kinderanhänger. Natürlich fehlen mir die Vergleichswerte zu anderen Städten, da ich bislang nur hier beim SC Freiburg gespielt habe. Neue Mannschaftskollegen bestätigen aber des Öfteren, dass das Thema Fahrrad sowohl in der Stadt als auch in und rund um unseren Verein deutlich sichtbarer als an anderen Standorten ist.