Fahrradanhänger bei Stiftung Warentest: Kindermitnahme gefährlich?

Fahrradanhänger fallen bei StiWa durch - was heißt das?

Fahrradanhänger bei Stiftung Warentest: Kindermitnahme gefährlich?

Die Stiftung Warentest hat Fahrradanhänger für die Kindermitnahme getestet: Alle zehn Modelle werden als mangelhaft bewertet. Was heißt das? Wie gefährlich sind die Schadstoffe und wie ernst die Sicherheitsrisiken im Fall eines Sturzes? Eine Einschätzung und eine klare Meinung unseres Testredakteurs Jens Kockerbeck.
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Die Stiftung Warentest (StiWa) hat Kinderanhänger gestestet und ist da, wie öfter durchaus streitbar. Nicht jeder Hersteller ist mit der Vorgehensweise einverstanden oder kann – und will – sie nachvollziehen. Auch das ist nachvollziehbar. Die StiWa testet oft anders als die Hersteller, oder gründlicher. Jedenfalls hat sie in diesem Test einen Schwerpunkt auf Giftstoffe gelegt, getrennt nach solchen, die direkt im oder am Körper wirken, über (Schleim-) Hautkontakt wie Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und solche die als sogenannte Ewigkeitschemikalien (PFAS) unsere Umwelt und damit letztlich auch uns belasten. Letztgenannte sollen absehbar und folgerichtig in der EU verboten werden. So weit ist der Test sehr sinnvoll und angebracht.

Schadstoffe im Fahrradanhänger – wie gefährlich sind sie für die Kinder?

Dennoch muss man sicher unterscheiden, ob die Gifte über Hautkontakt oder über Aufnahme in den Körper, sprich über Speichel oder über die Verdauung wirken und wirken können und wie lange und oft der Kontakt besteht. Wenn Kinder regelmäßig zum Beispiel mit nackten Beinen auf kontaminierten Polstern sitzen, oder schwitzige Elternhände die verunreinigten Softgriffe anfassen, ist es sicher etwas anderes, als eine vergiftete Fensterfolie, die man theoretisch regelmäßig länger kauen müsste, um den Wirkstoff daraus zu lösen.

Dennoch: Gift ist schon auch Gift und es gibt immer wieder Produkte – auch wenn der aktuelle Test eher das Gegenteil darstellt – die zeigen, dass es anders möglich ist und dass es manchmal oder oft nur eine Frage des Preises und der Bequemlichkeit ist, nicht über gesunde Alternativen nachzudenken.

Gute Einschätzung des Netzwerks „Fahrrad & Familie“ zum Thema Anhänger-Sicherheit

Und was ist im Fall eines Sturzes?

Beim Thema Sicherheit sind wir als selbst testende Redaktion wieder auf festerem Boden und können die Ergebnisse noch besser einsortieren. Zwar testen wir nicht auf Bruch, aber sonst ist uns die praktische Sicherheit in der Anwendung ein ernstes Anliegen.

So auch bei unserem eigenen Kinderanhängertest (hier zum letzten Test). Die Ergebnisse der Stiftung Warentest in diesem Punkt können wir ganz allgemein voll nachvollziehen. Auch wir haben die Kopffreiheit im aufrechten und im umgekippten Zustand getestet. Die Ergebnisse waren mitunter erschreckend. Eher selten haben sich die Kinder nur erschreckt. Nicht ungefährliche Verletzungsrisiken muss man zu oft in Kauf nehmen. Das sehen wir analog zur StiWa.

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Überroll-Bügel, Gurte und Helme sorgen für Sicherheit

Gerade beim Punkt Kopffreiheit oder Sicherheitsraum im Umfall-Fall wird gerne damit argumentiert, dass der Schiebebügel ja als Überrollbügel genutzt werden kann – und soll. Damit erreichen manche Modelle tatsächlich überkopf die vorgeschriebenen Pufferabstände zum Boden. Aber, was ist, wenn man es vergisst? Dann gibt es wenigstens blaue Flecken, zumal auch Gurte und Rücklehnen oft zusätzlich zu stark nachgeben. Dazu kommen noch harte, teils sogar scharfkantige Bauteile im Innenraum.

Ganz klar, Eltern (und andere) haben die Pflicht, sich gegen das nachvollziehbare Gemotze der Kinder durchzusetzen und ihnen Helm wie stramme Gurte aufzuzwängen, selbst wenn es anders für alle bequemer und einfacher, freier ist. Eltern haben auch die Pflicht, sich mit der Bedienungsanleitung auseinanderzusetzen und die vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen. Das kann am Ende auch gerichtsentscheidend sein. Aber was ist, wenn man es einfach mal vergisst? Wie oft ist gerade der Alltag mit Kindern von Ablenkung und (Zeit-) Stress geprägt. Wie leicht kann das passieren?

Sicherheit nicht den Familien überlassen

Und genau für solche Fälle sowie ganz allgemein stelle ich die Frage in den Raum: Wieso überlässt man die Sicherheit (in dem Fall auch noch von Kindern) den Anwendern (Eltern, Familien)? Wieso konstruieren die Hersteller die Produkte nicht so, dass – typische und erwartbare – Anwendungsfehler keine Gefahr darstellen? Meines Wissens ist das sogar vorgeschrieben.

Und sowohl unsere als auch der Test der StiWa zeigen, dass es geht. Dass es Kinderanhänger gibt, die diese Sicherheit bereits eingebaut haben. Meine Forderung daher an die Hersteller: schafft die Gifte ab und überlasst die Sicherheit nicht den Familien. Ich sehe euch da klar in der Pflicht!

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