Pedelec: Wer umsteigt, ist zufriedener
Klarer Vorteil für das Pedelec
Pedelec: Wer umsteigt, ist zufriedener
in Gesundheit
Laut Zweirad-Industrie-Verband ist inzwischen fast jedes vierte in Deutschland verkaufte Fahrrad mit einem Elektromotor ausgestattet. Insgesamt, so der TÜV Nord in einer aktuellen Pressemitteilung, seien mindestens 3,75 Millionen der deutschlandweit geschätzten 75 Millionen Fahrräder E-Bikes – also etwa 5 Prozent. Eine niederländische Studie hat nun gezeigt, schreibt der TÜV Nord, dass Pedelecfahrer gesünder und zufriedener sind. Zumindest im Vergleich zu reinen Autofahrern. Außerdem – und nicht neu! – Radfahren insgesamt macht sogar schlau. Der Umstieg, so die TÜV-Experten, lohne sich also mehrfach. Unter einer Bedingung!
E-Antrieb macht Sportmuffel mobil
Mit dem unterstützenden Elektroantrieb ließen sich gerade Sportmuffel zum Umstieg aufs Rad bewegen, freuen sich Fachleute wie die TÜV Nord-Psychologin Cornelia Nagel. Problematisch sei aber die Geschwindigkeit. Denn ein Pedelec beschleunigt mit Unterstützung auf bis zu 25 Stundenkilometer. Ein Tempo, das Gelegenheitsradler und Neueinsteiger auf einem klassischen Fahrrad nur selten erreichen.
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E-Biker sind das Gegenteil von faul
Dabei wünschten sich immer mehr Menschen den elektrischen Rückenwind. Der E-Bike-Antrieb sorgt schließlich dafür, dass sich diese Fahrräder auch bergauf spielend leicht bewegen lassen. „Mit Faulheit hat das nichts zu tun“, sagt Cornelia Nagel. Typische Gründe für den Umstieg seien, dass etwa das herkömmliche Rad des Alters oder einer Krankheit wegen nicht mehr in Frage kommt oder der tägliche Weg zur Arbeit damit zu beschwerlich wäre. „Das Pedelec ersetzt teils das traditionelle Rad, teils aber auch das Auto“, erläutert die Psychologin.
Umsteiger genießen Vorteile
Bei niederländischen Pendlerinnen und Pendlern ließe sich beobachten, dass Umsteiger vom Auto aufs E-Bike eindeutige Vorteile erleben. Obwohl die meisten von ihnen nicht ungern mit dem Auto fuhren, sei der Weg zur Arbeit nach dem Wechsel aufs E-Bike zufriedenstellender. Ein wichtiger Faktor: Die Strecke müsse attraktiv sein. Je schöner, desto besser. Das bestätigte ein weiteres niederländisches Forschungsteam. Per GPS verfolgten sie über zwei Wochen 24 Freiwillige, die ihr E-Bike überwiegend für den Weg zur Arbeit nutzten. Eine angenehme Umgebung wog die Anstrengung auf; einige nahmen für eine schöne Strecke sogar Umwege in Kauf. DIe langjährige Erfahrung der ElektroRad-Redaktion zeigt zudem: (E-)Radfahren geht das gesamte Jahr über!
Erhöhte Geschwindigkeit als Unfallursache Nummer eins
„Nur eines trübt die Aussicht“, bedauert Psychologin Nagel: „Die Unfallzahlen.“ 2018 verunglückten gut ein Viertel mehr Menschen auf Elektrofahrrädern als im Vorjahr. Allerdings stiegen auch die Verkaufszahlen im Vergleich zu 2017 um etwa diesen Faktor. Zu den häufigsten Unfallursachen, so ergab eine Analyse des Statistischen Bundesamts für 2017, zähle eine erhöhte Geschwindigkeit. Verleiten die E-Bikes also zum schnellen Fahren? Ein Team um Psychologin Katja Schleinitz von der TU Chemnitz stattete die Fahrräder von 90 Versuchspersonen mit Sensoren und Kameras aus, darunter herkömmliche Räder, die verbreiteten Pedelecs, die bis 25 km/h elektrisch unterstützt werden, und S-Pedelecs, bei denen die Unterstützung bis etwa 45 Stundenkilometer greift. Binnen vier Wochen legten die Fahrer zusammen rund 17.000 Kilometern zurück.
E-Bikes im Schnitt schneller unterwegs als herkömmliche Fahrräder
Die herkömmlichen Räder waren mit durchschnittlich 15 Stundenkilometer unterwegs, die langsamen Pedelecs mit 17 Stundenkilometern, die S-Pedelecs – oder Pedelecs45 – erreichten im Schnitt schon 23 Stundenkilometer. Entsprechend plausibel finden die Forschenden die derzeitige Regelung, nur die langsamen Pedelecs mit herkömmlichen Fahrrädern gleichzustellen und für Fahrer der Speed-Variante einen Helm, ein Mindestalter von 16 Jahren und für das Fahrzeug ein Versicherungskennzeichen vorzuschreiben. Außerdem warnen sie davor, dass die Ähnlichkeit mit dem klassischen Fahrrad falsche Erwartungen wecken könne. Denn der etablierte Verkehr – Autofahrer, Motorradfahrer, aber auch Radler und Fußgänger – schätzten die Geschwindigkeit der S-Pedelecs falsch ein – mit durchaus fatalen Folgen.
Schwerere Verletzungen von E-Bike-Piloten
Schwedische und israelische Studien belegen, dass Pedelec-Fahrer häufiger abrupt abbremsen müssen als klassische Radfahrer, sie außerdem öfter bei Stürzen schwer verletzt würden: Sie erlitten mehr Kopfverletzungen, mussten häufiger operiert werden und länger im Krankenhaus bleiben.
Gesundheitliche Vorteile wiegen Unfallrisiko auf
Den Verletzungsrisiken stünden jedoch gesundheitliche Vorteile gegenüber. Das E-Bike habe einen vergleichbaren Nutzen für die Fitness wie ein Rad ohne Elektroantrieb, stellten der Sportmediziner Arno Schmidt-Trucksäss und sein Team fest. Im Rahmen eines Schweizer Aktionsprogramms untersuchten sie 30 übergewichtige, untrainierte Versuchspersonen, die an mindestens drei Tagen in der Woche mindestens sechs Kilometer entweder mit dem üblichen Rad oder mit dem E-Bike zur Arbeit radelten. Nach einem Monat hatten sich bei beiden Gruppen die Lungenfunktionen in vergleichbarem Maße gebessert.
Motivation für genau die Menschen, die sie auch brauchen
Fachleute freuen sich darüber, denn das Pedelec spreche gerade übergewichtige und untrainierte Menschen an. „Es motiviert also genau diejenigen, die von Bewegung besonders profitieren“, sagt Cornelia Nagel vom TÜV Nord. Doch gerade weil das Pedeln leichter falle als das Genussradeln, stünden schnell ein paar Stundenkilometer zu viel auf dem Tacho. Die Psychologin rät deshalb dringend: „Helm aufziehen, Tempo drosseln. Und dann ins Grüne!“