Schutzbleche am Fahrrad: Begriff, Optik, Materialien, Kaufberatung
Heilig's Blechle: Ein intensiver Blick auf Schutzbleche
Schutzbleche am Fahrrad: Begriff, Optik, Materialien, Kaufberatung
in Service
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Radfahrer fahren meist auf der sonnigen Seite im Leben. Frischluft, Bewegung und Sonne halten frisch, fromm, fröhlich und frei. Doch wenn Petrus schlechte Laune hat, wird es ernst. Ohne Schutzbleche ist das Radfahren dann gar nicht mehr so attraktiv. Die Unbilden des schlechten Wetters, allen voran Wasser, Dreck und auch Kälte, setzen dann Rad und vor allem dem Fahrer ordentlich zu. Schutzbleche sind dann die Bodyguards des Radfahrers und halten den größten Schaden fern.
Schutzbleche: Die Begriffsklärung
In der Technik ist ein Schutzblech eine Blechvorrichtung, die Umwelt, Nutzer oder Maschine selbst aktiv oder passiv schützt. Bezieht man dies auf das Fahrrad, findet man Schutzbleche über dem Vorder- und Hinterrad. Die Aufgabe ist, Wasser und Dreck möglichst effektiv vom Radfahrer, Rad und auch den Hinterherfahrenden abzuhalten.
Sucht man nach Synonymen, gibt es überraschenderweise eher wenige: Schutzbleche werden meist als Radschützer tituliert. Im Sportbereich hört man auch die englischen Begriffe Fender, Mudguards oder selten Splatter.
Was bringen Schutzbleche?
Der Reifen sammelt Wasser und Dreck auf. Durch die Rotation der Laufräder werden beide dann durch die Gravitationskraft in alle Richtungen abgeschleudert und landen dann an jeder erdenklichen Stelle am Rad und Körper. Am Drahtesel führen die Verschmutzungen schnell zu Kratzern im Lack, höherem Verschleiß an Lagern, Schalt- und Bremskomponenten, Korrosion und Funktionseinbußen, etwa in mechanischen Schalt- und Bremszügen.
Beim Fahrer kann es zur Störung der Sicht sowie Augenreizungen kommen. Scheuerstellen zwischen Haut und Bekleidung führen zu Blasen oder aufgeriebenen Hautstellen. Mit Reibung zwischen Bekleidung und Komponenten, etwa bei Sattel und Hose oder Rucksack und Jacke, kommt es schnell zu Materialschäden an den Oberflächen und an der Bekleidung selbst zu Funktionseinbußen. Nicht gerade tolle Aussichten, wenn das Wetter eh schon die Stimmung vermiest.
Und auch mit Blick auf die Radpflege und Instandhaltung erleichtern Schutzbleche die Arbeit und sparen bares Geld: Die Maschine bleibt insgesamt deutlich sauberer, was die Reinigung bezüglich Zeit und Aufwand effektiver gestaltet. Der Verschleiß ist im Vergleich mit Rädern ohne Schutzbleche deutlich geringer, was die Service-Intervalle ausdehnen lässt und den Geldbeutel bezüglich der Instandhaltungskosten schont.
Schutzbleche: Wer braucht’s?
Da, wie vorher schon beschrieben, Maschine und Fahrer trocken, sauber und funktionstüchtig bleiben sollen, braucht Schutzbleche quasi jeder, der bei schlechtem Wetter unterwegs ist. Ob dann auf dem Weg zur Schule, Uni, Arbeit, Einkauf, bei der Trainingsausfahrt oder auf Radtouren spielt nicht wirklich eine Rolle.
Mit Blick auf die Jahreszeiten ist es ratsam, vor allem im Herbst, Winter und Frühjahr auf Schutzbleche zu setzen. In dieser Zeit lassen die Straßenverhältnisse nämlich oft zu wünschen übrig und machen uns Radlern das Leben schwer. Mit Schutzblechen ist das Radfahren also aus verschiedenen Gründen einfach schöner. Darauf zu verzichten, macht an sich nur in Bezug auf die Ästhetik oder im Sportbereich Sinn, wenn Aerodynamik, Gewicht oder Optik über der Schutzwirkung stehen.
Schutzbleche: Tipps und Wissenswertes
Wie sieht der perfekte Schutz aus?
Mit Blick auf die Schutzwirkung sind verschiedene Dinge zu beachten: Durchmesser, Länge, Breite, Form, Ende und generelle Sicherheitsfaktoren. Die wichtigsten Informationen im Überblick:
Beim Durchmesser muss der Innendurchmesser des Schutzbleches ideal zum Reifen-Außendurchmesser passen. Ist er zu groß, ist die Reifenabdeckung in vielen Bereichen fehlerhaft und Wasser wie Dreck gelangen ungewollt nach außen auf Fahrer und Rad. Vom Ansatz „was nicht passt, wird passend gemacht“ raten wir ab, denn stark verbogene oder verspannte Schutzbleche können im Einsatz Risse bekommen und brechen. Dann ist mangelnde Schutzwirkung und lautes Klappern das kleinste Problem, denn scharfe Kanten stehen für stark erhöhte Verletzungsgefahr!
Einzige Ausnahme stellen derzeit Schutzbleche für die Laufradgröße 27,5 Zoll beziehungsweise ETRTO X-584 dar: Da diese Größe entgegen des direkten Zollvergleichs nur unwesentlich größer als 26 Zoll-Schutzbleche ausfällt, können oft die gleichen Modelle genutzt werden.
Bei der Länge gilt: Je länger, desto besser. Zur Veranschaulichung dieses Teilaspekts finden Sie auf Seite 79 oben eine Grafik.
Vorderes und hinteres Schutzblech im Vergleich
Betrachten wir das vordere Schutzblech im Bereich des Gabelkopfes: Kurze Modelle enden bereits direkt an der Gabel. Wasser und Dreck wird dann recht steil nach oben in den Fahrtwind geschleudert, wodurch Arme, Oberkörper und Gesicht komplett in der Schusslinie liegen. Wird das Schutzblech nur minimal weiter nach vorne auf 12 bis 01 Uhr gezogen, ist die Schutzwirkung spürbar besser. Ideal hingegen wäre das Ende auf etwa 02 Uhr, denn dann wird ein Großteil des Wassers nicht mehr nach oben, sondern nach vorne und unten abgeleitet. Das gleiche Prinzip findet sich am hinteren, unteren Ende wieder. Endet das Blech auf 10 Uhr, ist die Schutzwirkung eher miserabel. Daher sollte das Ende eher auf 09 Uhr, besser aber sogar auf 08 Uhr (grüne Linie) liegen.
Beim hinteren Schutzblech gelten die gleichen Regeln. Während sportive Schutzbleche schon im Bereich der Sitzstreben oder kurz dahinter aufhören und die Schutzwirkung hier für die Beine nicht gegeben ist, reichen die meisten Standardschutzbleche direkt bis zu den Kettenstreben. Leider fallen Wasser und Dreck dort in Verbindung mit dem Fahrtwind direkt auf den Antriebsstrang, wo er nach hinten transportiert wird und dort direkt unter hohem Druck zwischen Kette und Ritzel zu erhöhtem Verschleiß führt.
Viel besser wäre es, das Schutzblech in diesem neuralgischen Bereich bis unter den Antriebstrang zu führen (grüne Linie), um erhöhtem Verschleiß im Antrieb vorzubeugen. Im Heck schützt das Schutzblech dann sogar gleich doppelt, denn hier gilt es Fahrer und folgende Radler zu schützen. Weit oben endende Modelle (rote Linie) bringen niemandem etwas. Etwas tiefer angesetzte Modelle (blaue Linie) helfen zumindest dem Fahrer. Idealerweise endet das Schutzblech auf 08 Uhr oder sogar noch tiefer, denn gerade bei Fahrten mit Anhänger wird dieser samt Kindern, Hund oder Gepäck richtig schön eingesaut.
Breite der Schutzbleche
Reifen versus Schutzblechbreite: Bei der Breite gibt es eine einfach Faustformel: Reifenbreite plus mindestens einen Zentimeter, dann steht das Blech auf jeder Seite mindestens fünf Millimeter über und kann den Reifen gut und sicher abdecken. Laut Christoph Kohnen (SKS) „ist die Breite übrigens entscheidender als die Form“.
Daher sollte im Zweifel eher die breitere als die schmälere Variante gewählt werden. Mit Blick auf die Form sollte der Leitsatz heißen: „Die Form folgt der Funktion!“ Leider ist dies nicht immer so, denn bei vielen Schutzblechen werden optische Standpunkte vor die Funktion gestellt. In der Praxis sich flache, leicht gebogene, eher runde oder auch eckige Profile zu finden (Illustration Seite 79, Mitte).
Aus den zahlreichen Testfahrten unserer Redakteure folgern wir: „Je tiefer das Schutzblech den Reifen umspannt, umso besser bleibt die Suppe drin.“ Die nach unten gezogene Abdeckung reduziert also definitiv die Gischt um das Laufrad. Ein schönes Detail mancher Metallschutzbleche ist die Bördelung von Kanten, die quasi eine Art Wasserrinne entstehen lässt, in der das Wasser noch besser Ablaufen kann.
Spoiler-, Spritz- oder Schlickerlappen
Das Ende kommt im wahren Leben leider oft schnell genug. Beim Schutzblech kann es einfach hinausgezögert werden! Sogenannte Spoiler, Spritz- oder Schlickerlappen oder Mudflaps sorgen am unteren Bereich des Front- und Heckschützers dafür, dass das Ende weiter nach unten wandert und somit der Schutzbereich für Schuhe, Hose, Rad, Schaltkomponenten und Hinterherfahrende spürbar erhöht wird.
Die Modelle gibt es meist aus Kunststoff, LKW-Plane oder Leder. Wer findig ist, kann dieses Gimmick aber auch einfach selbst herstellen.
Sicherheit von Schutzblechen
Zur Sicherheit gibt es auch ein paar interessante Punkte: Durch Fußkontakt mit dem Frontschutzblech oder dem Verklemmen von Fremdkörpern (Stock, Stein) zwischen Schutzblech und Reifen kann das Laufrad blockieren, was unweigerlich zum Sturz führt. Sogenannte Sicherheits–Clips in den Schutzblechstreben lösen dann die Streben vom Befestigungspunkt und das Schutzblech kann etwas ausweichen, der Sturz hoffentlich vermieden werden.
Aber auch die Enden der Streben bergen ein Verletzungsrisiko, wenn sie nicht gerade in U-Form durchgängig verbaut oder mit Schutzkappen abgedeckt sind. Das Schutzblech selbst sollte ebenfalls einen Kantenschutz in Form gebördelter Enden (Metallvariante) oder Kunststoffschutzkappen aufweisen.
Bezüglich des Abstands vom Reifen zum Schutzblech empfiehlt Christoph Kohnen von SKS: „Mindestens 15 Millimeter vom Außenradius des Reifens bis Schutzblechinnenseite dürfen es schon sein. Dieser Sicherheitsabstand ist vor allem gegen die Blockade des Reifens durch Fuß, Stock oder Stein nötig!“
Diskrepanz Optik vs. Schutzwirkung
In der Praxis finden sich diverse Schutzblechversionen an Rädern. Über die Auswahl entscheidet immer der Radhersteller. Daher kann es vorkommen, dass aus optischen Gründen, etwa an einem cleanen Urbanbike, ein kurzes, flaches Schutzblech verbaut ist. Dieses passt optisch ideal zum cleanen Design des Rades, die Schutzwirkung lässt aber zu wünschen übrig.
Falsch wäre jetzt, den Hersteller des Schutzbleches zu kritisieren, denn ausschlaggebend ist schlussendlich, was der Radhersteller ordert. Christoph Kohnen (SKS) sagt dazu: „Wir bekommen oft als Händlerfeedback, dass Schutzbleche an Kompletträdern für die Kunden oft zu kurz, flach und schmal spezifiziert sind. Den Endverbrauchern gefällt dann zwar das Design, sie monieren aber die fehlerhafte Schutzwirkung! Gerade deshalb verkaufen sich beim Händler längere und breitere Nachrüstmodelle besser, weil die Leute Funktion wollen.“
Schutzbleche: Worauf sollte ich beim Kauf achten?
Die erste Frage ist: Wofür benötige ich das Schutzblech? Wer hier etwas spielen will, sollte auf der Homepage von SKS den „Fender-Finder“ ausprobieren, der je nach Radkategorie, Einsatzbereich, Laufradgröße, Reifenbreite und Material das passende Schutzblech vorschlägt.
Ansonsten stellt sich die Frage: Bin ich eher Sportler, Schönwetterfahrer oder Stilist, der ausschließlich bei schlechtem Wetter ein Schutzblech montiert? Dann sollte man zu einem flexibel in der Handhabung und damit abnehmbaren Steckschutzblech greifen. Diese fallen leichter und optisch schöner aus, lassen sich über Klettverschlüsse, Steckverbindungen oder Schellen einfach de- und montieren. Die Schutzwirkung wird durch das meist eher kurz gehaltene Design stark eingeschränkt und auch die Geräuschentwicklung ist durch die flexible Anbringung meist höher.
Welche Schutzbleche brauchen Pendler und Alltagsfahrer?
Als Stadt-, Alltags-, Tourenradler und Pendler sollte hingegen zu langen und fest montieren Modellen gegriffen werden. Die Erklärung dafür findet man in den vorherigen Ausführungen. Solche Schutzbleche benötigen allerdings Montagepunkte in Form von Ösen an Rahmen und Gabel. Bei Sporträdern und manchen Federgabeln fehlen die Ösen allerdings, wodurch ein technischer Kniff nötig ist: Sogenannte P-Schellen aus Kunststoff oder beschichtetem Metall gibt es in verschiedenen Durchmessern, werden um die Rohre montiert und bieten dann die benötigte Öse zur Aufnahme der Schutzblechstreben.
Bei Felgenbremsen gilt: Je nach Bremsenart (Cantilever, V-Brake, Magura HS-Serie, Rennradbremse) kann die Auswahl des vorhandenen Platzes für ein Schutzblech eingeschränkt sein. Deshalb sollte beim Kauf immer das Rad mitgenommen werden, um dem Händler bei Bedarf einen Blick darauf zu ermöglichen. Gerade für Rennräder gibt es von diversen Firmen nämlich spezielle Schutzblechmodelle mit Aussparungen oder Zwischenstücken, die eine stabile Montage über den Bremssockeln ermöglichen.
Materialien für Schutzbleche im Überblick
- Edelstahl: Durch die rostfreie Oberfläche ist kein Lack nötig, kann bei Bedarf aber trotzdem in Rahmen- und Gabelfarbe lackiert werden. Die Bleche sind in sich meist sehr steif, werden recht lang und mit starker Rundung ausgeführt und bieten beste Schutzwirkung. Bei Kontakt mit Rahmen und Gabel sollten Lederunterlegscheiben montiert werden, damit auf ruppigem Untergrund Ruhe herrscht. Beim Gewicht sind Modelle aus Stahl die Schwergewichte, in der Montage eher aufwendig.
- Aluminium: Bei fest montierten Schutzblechen sind die Alumodelle in der größten Varianz zu finden. Sie sind leicht, können eine gehämmerte Oberfläche für extravagante Optik aufweisen, sind leicht lackierbar und in der Form sehr variabel. In aufwendigem Strangpressverfahren hergestellt, sind sie die modernsten Schutzblechvertreter, weil Lichtkabel, Licht, Gepäckträger mit integriert werden können.
- Kunststoff: Es gibt Modelle aus reinem Kunststoff oder in einer Kunststoff-Alu-Matrix. Letztere Version ist steifer, robuster und bruchsicherer als ohne Alu-Armierung. Meist fallen die Kunststoffbleche bei fest montierten Blechen kürzer aus, sind ab und an auch in Farbe erhältlich, der Preis ist eher klein und die Montage recht einfach. Steckschutzbleche bestehen hingegen fast vollständig aus Kunststoff, weil die Formgebung über Spritzguss oder Extrusionsverfahren sehr variabel ist.
- Carbon: Mit Abstand am leichtesten, exklusivsten und durch die viele Handarbeit am teuersten. Eine herkömmliche Carbonmatrix ist bei Stürzen durch die möglichen Splitter mit Vorsicht zu genießen, die patentierte FlexiCarbon-Technologie aus Deutschland hat dieses Problem aber nicht.
- Holz: Sehr teuer und aufwendig in der Herstellung durch viel Handarbeit. Meist eher flache Formgebung. Je nach Verarbeitung und Lackierung mehr oder weniger stark Witterungseinflüssen ausgesetzt.
Resümee
Wer nicht gerade an sportlich engagierten Bestzeiten arbeitet oder die Optik über die Funktion des Rades stellt, für den sollten fest montierte Schutzbleche zur Standardausrüstung und damit an jedes gute City-, Trekking- und Alltagsrad gehören. Hier dürfen die Radschützer dann auch gerne lang, breit und seitlich tief heruntergezogen ausfallen, um die bestmögliche Schutzwirkung zu bieten. Und auch wenn man sie die meiste Zeit wegen guten Wetters eher unnütz mitführt, ist man mehr als froh, wenn sie sich bei einem Wettereinbruch am Rad befinden.