Hero Cycles: Großinvestor steigt bei HNF ein
Hero Group will Brandenburger pushen
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ElektroRad: Herr Hecken, warum arbeitet Premiumhersteller HNF-Nicolai nun mit dem Großserienhersteller Hero Cycles aus Indien zusammen?
Michael Hecken, CMO HNF-Nicolai: Grundsätzlich einmal ist die Idee hinter der Kooperation, unsere Kräfte zu bündeln. HNF hat einen Ruf als sehr technikorientiertes Unternehmen. Seit zehn Jahren stehen wir für richtig gute E-Bikes. Zuerst mit Grace, dann beim Smart-Bike für Mercedes-Benz und nun bei HNF-Nicolai. Unsere Räder sind einflussreich, strahlen in den Markt hinein. In die Kooperation mit Hero bringen wir unsere Erfahrung und unsere Designkompetenz ein. Gleichzeitig wird uns Hero als Global Player auf dem heimischen Markt helfen, unser aktuelles Angebot an hochklassigen E-Bikes auf eine breite Basis zu stellen.
Hero Cycles baut etwa fünf Prozent der Fahrrad-Weltjahresproduktion
ElektroRad: Herr Munjal, Hero Cycles ist in Deutschland noch relativ unbekannt. Wie ist das Unternehmen global aufgestellt?
Pankaj Munjal, Chairman und Managing Director der Hero Group: Hero Cycles ist der größte Fahrradhersteller der Welt. Wir produzieren 5,5 Millionen Räder pro Jahr. Das sind nahezu fünf Prozent des Weltmarkts.
ElektroRad: Wie kam der Kontakt zu HNF zustande?
Pankaj Munjal, Hero Cycles: Ich kenne Michael Hecken und HNF-Nicolai seit gut sieben Jahren. Seit dieser Zeit prüfen wir die Möglichkeiten, einen Fuß auf den deutschen Markt zu setzen. HNF-Nicolai ist eine kleine Firma mit sehr großem Wert. HNF hat die Perspektive, gleichzeitig mit der Größe auch an Wert zu wachsen. Wir wollen HNF dabei unterstützen. Darin sehen wir große Chancen.
Hero Cycles: 7500 Mitarbeiter, 2500 Händler in Indien und 15 Fabriken in Indien, Großbritannien, Sri Lanka und Deutschland
ElektroRad: Mir scheint, Sie haben da bereits konkrete Vorstellungen.
Pankaj Munjal, Hero Cycles: Wir haben 7500 Mitarbeiter, 15 Fabriken unter anderem in Indien, Großbritannien, Sri Lanka, nun auch eine in Deutschland. Durch die Hero-Infrastruktur kann HNF ein großes Unternehmen mit kompletter Lieferkette und entsprechender Marktmacht werden. Mehr noch: Aufgrund unserer Erfahrung im Automobilbau werden wir gemeinsam mit HNF Automotive-Standards im Fahrradmarkt etablieren. Bis unsere neuen Fahrradmarken 2021 das Licht der Welt erblicken, wird HNF seine Größe bereits verdrei- oder -vierfacht haben. HNF bringt den Technologievorsprung mit, wir die Kapazitäten, diese Innovationen auf hohem Standard in die breite hin zu produzieren. Diese Kombination ist eine Goldmine. Für den Endverbraucher bedeutet es, dass wir gemeinsam eine Reihe sehr gut entwickelter neuer E-Bikes zu sehr attraktiven Konditionen auf den Markt bringen.
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ElektroRad: Werden diese Räder bei Hero produziert?
Michael Hecken, HNF: Die Endmontage erfolgt in Deutschland. In Bitterfeld haben wir unser Customizing-Center. Wie jeder weiß, kommen die meisten Komponenten aktueller Fahrräder aus Asien von namhaften Herstellern, etwa aus Taiwan, Südkorea und Japan. Das wird auch so bleiben. Einige Parts werden aber auch von unserem Partner Hero aus Indien kommen. Beispiel Rahmen: Durch die Automotive-Kompetenz liegt bei Hero enorm viel Wissen.
Hero Cycles will Know-How im Automotive-Sektor in die Fahrradbranche tragen
Pankaj Munjal, Hero Cycles: Wir denken stark in Segmenten. Das High-End-Segment, für das HNF-Nicolai wie kaum ein zweiter Fahrradbauer in Europa steht, bleibt komplett in Deutschland. Wir sprechen hier von Fahrrädern ab 3500 Euro aufwärts. Bei Pedelecs um 1500 Euro wird die Fertigung sicher geteilt werden. Der Geist, für den HNF steht, wird aber zu 100 Prozent erhalten bleiben.
Michael Hecken, HNF: Wir werden in der Preisgestaltung für Räder mit dem HNF-Logo nach unten gehen. Preislich darunter wollen wir eine zweite Marke etablieren. Das werden ganz klar Pedelecs mit HNF-Genen sein. Die Entwicklung wird komplett in Deutschland erfolgen. Einen Teil der Produktion aber übernimmt unser Partner in Indien. Die zweite Marke wird preislich unter 1500 Euro liegen.
Pankaj Munjal, Hero Cycles: Die Kunden werden vor allem die hochprofessionelle Lieferkette spüren. Wir bieten weiterhin E-Bikes an, die sich jeder Kunde individuell zusammenstellen kann. Die Lieferzeit wird aber bei etwa einer Woche liegen, nicht wie aktuell bei bis zu drei Monaten.
Michael Hecken, HNF: Das macht die ganze Partnerschaft so spannend und wertvoll: Wir kombinieren unsere Ingenieurskunst mit der enormen Prozessoptimierung, für die Hero steht.
ElektroRad: Wie sieht diese aus?
Pankaj Munjal, Hero Cycles: Vereinfacht gesprochen transferieren wir aus dem Automotive-Bereich folgendes: Ein Rad wird in zehn Schritten entwickelt. Die Qualitätskontrolle erfolgt nicht erst am Ende am fertigen Fahrrad. Jeder einzelne Prozessschritt wird geprüft und optimiert. So können wir von Beginn an versichern, ein qualitativ sehr hochwertiges Produkt zu entwickeln.
Michael Hecken, HNF: Auch werden wir das Plattform-Konzept der Automobilbranche adaptieren. HNF-Nicolai als Premium-Marke wird immer Räder bauen, die am obersten Level des Machbaren angesiedelt sind. Wir bleiben bei Enviolo, Rohloff, Gates-Riemen. Dazu das Customize-Prinzip. Es bleiben hochindividuelle E-Bikes, produziert in Bitterfeld. Auf der gleichen Rahmenplattform wird es Fahrräder der Marke HNF auch mit einer klassischen Kette geben, anderen Motoren und Schaltsystemen; Komponenten in unterschiedlichen Preisklassen. Spätestens zur Eurobike zeigen wir erstmals die komplette Bandbreite der neuen Räder.
HNF-Nicolai will erstmals flächendeckendes Händlernetz in Deutschland aufbauen
ElektroRad: Sie wollen auch ein Händlernetz aufbauen. Warum erst jetzt?
Michael Hecken, HNF: HNF ist eine sehr junge Firma. Wir bestehen seit fünf Jahren. Anfragen von Händlern gibt es genug. In unserer bisherigen Größe haben wir schlicht nicht die Kapazitäten, ein komplettes Händlernetz zu bedienen. Mit Hero bieten sich nun die finanziellen Voraussetzungen, den großen deutschen Fahrradmarkt engmaschig zu bedienen. Das freut uns, das müssen wir nun aber auch durch unser Team nach außen kommunizieren. Für den Vertrieb etwa werden wir offen mit großen Handelsgruppen sprechen. Am 3. Februar startet eine große Kampagne, die gezielt Händler ansprechen wird. Davon erhoffen wir uns sehr viel.
Auch da orientieren wir uns am Automobilmarkt: Kein Autohaus muss vor Auslieferung acht Stunden an einem Auto herumschrauben. Es kommt 100-prozentig fertig in den Showroom. Genau so werden wir auch arbeiten. Der Händler bekommt das Rad, stellt den Lenker gerade und fertig. Das schafft man aber nur, wenn die Räder eine hohe Qualität haben. Unserem Anspruch nach darf es nicht soweit kommen, dass der Kunde nachher noch dreimal zum Händler läuft, weil irgendwas nicht in Ordnung ist.
ElektroRad: Was bedeutet die Kooperation für den indischen Markt?
Pankaj Munjal, Hero Cycles: Wir haben 2500 Fahrradhändler in Indien. Das Top-End-Geschäft wächst dabei besonders rasant. Mit einer Marke wie HNF-Nicolai können wir diese Kunden bedienen. Wir sprechen hier von einem gigantischen Markt. Wenn nur ein Prozent der indischen Bevölkerung sich ein hochwertiges E-Bike kaufen will, sind das schon von zehn Millionen Menschen. Wie in Europa ist die Fahrrad-Infrastruktur auch in Indien ein Thema. In Dehli etwa entsteht gerade ein großes Netz Radschnellwege um die Stadt, geschützte Radspuren führen ins Zentrum. Die Infrastruktur wandelt sich rasant. Dort wird die Entscheidung fallen: Klappt es in Dehli, werden es andere indische Städte aufnehmen. Unser Land wird nicht mehr als eine Milliarde Menschen mit dem Auto transportieren können. Radfahren muss auch bei uns sicherer werden. Da sind Deutschland und England durchaus Vorbilder.
Michael Hecken, HNF: Wir sehen uns da als Botschafter des Fahrradfahrens und insbesondere des E-Bike-Fahrens. HNF-Nicolai ist Partner der Ingenieure in Indien. Dort werden von sehr fähigen Kollegen enorm erfolgreiche Fahrräder entwickelt. Wir können sie unterstützen. Etwa unser in Europa sehr erfolgreiches Cargobike-Konzept an indische Bedürfnisse anpassen. Solch einen Wissenstransfer wird es sicher geben. In beide Richtungen.
In einer früheren Version schrieben wir, Hero Bikes baue etwa ein Zehnten der Weltjahresproduktion an Fahrrädern. Tatsächlich sind es etwa 5 Prozent. Wir haben den Fehler korrigiert.