Fahrradfahren und Rücksicht nehmen – Tipps, Regeln und Gesetze
Mit Rücksicht Fahrradfahren
Fahrradfahren und Rücksicht nehmen – Tipps, Regeln und Gesetze
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Der Frühling ist in vollem Gange, das Fahrradfahren mehr denn je in Mode gekommen und die Straßen und Wege am Wochenende von Radfahrern gezeichnet. Ein Anblick, an dem wir uns erfreuen können, keine Frage. Dennoch gibt es Regeln und Gesetze, die eine Fahrt durch den Stadtverkehr oder raus in die Natur begleiten. Wir klären auf, was es zu beachten gilt. Und vor allem: Wo Rücksicht zum Schutze aller Verkehrsteilnehmer angebracht ist.
Neue StVO seit April 2020: Die zehn wichtigen Punkte für Radfahrer
Familien mit Kindern unterwegs
In vielen Städten schreiten, nicht zuletzt wegen den Begleitumständen der Corona-Pandemie, Projekte für den Ausbau von Radwegen voran. Eine gute Nachricht! Wichtig ist allerdings das Bewusstsein zu wahren, dass keine spezifische Radfahrer-Gruppe den neu gewonnen Raum exklusiv für sich beanspruchen kann.
Ob Kinder mit Familien, Ausflugsgruppen mit Gemütlichkeitsfahrern oder der schnellere Rennradfahrer. Rücksicht ist das oberste Gebot, dass jeder seine Ausfahrt genießen kann. Vor allem auf Kinder sollte Rücksicht genommen und immer rechtzeitig vor dem Überholvorgang (auch außerorts oder auf Feldwegen) mit der Klingel gewarnt werden.
Auf dem Fahrrad durch die Stadt: Gefahrenquellen, Risiken, Tipps
Genug Sicherheitsabstand einhalten sowie mit gemäßigtem Tempo vorbeifahren sind weitere wichtige Punkte auf der Checkliste für Sicherheit beim Fahrradfahren.
Rücksicht beim Überholen
Der Überholvorgang gehört zum Fahrradverkehr dazu und trägt mit unter auch zu einem angenehmen Verkehrsfluss auf den Radwegen bei. Der Zeitpunkt sollte jedoch gezielt ausgewählt werden, damit keine Gefahr besteht, in den Gegenverkehr zu geraten.
Das Eröffnen einer weiteren Spur in der Mitte der Fahrbahn und parallel zu dritt zu fahren birgt eine Menge Gefahren. Gerade bei Radbegeisterten, die wenig Fahrpraxis mitbringen. Das Abschätzen von Entfernungen und Abständen will gelernt sein und sollte nie unterschätzt werden.
Fahrradfahren in Corona Zeiten
Eigentlich ist man beim Radfahren kaum dem Risiko ausgesetzt, sich mit Covid-19 zu infizieren. Den Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern hält man quasi automatisch ein, gerade bei den oft schmalen Radwegen. Aber auch bei Kreuzungen und sonstigen Stopps ist der 1,5-Meter-Abstand empfohlen.
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Problematisch könnten beispielsweise Ampeln sein, an denen man sich gewohnheitsmäßig festhält oder den Anforderungstaster betätigt. Ein Stopp mit Absteigen ist dann empfehlenswerter, oft kann man außerdem mit Ellbogen den Taster drücken. Wer Handschuhe trägt, kann diese ebenfalls nutzen.
Nur wichtig: Auch wer mit Handschuhen alles mögliche berührt, sollte sich auf keinen Fall zwischendurch ins Gesicht fassen. Idealerweise kommen die Handschuhe im Anschluss in die Waschmaschine und nach jeder Fahrt sollte man sich gründlich die Hände waschen.
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Kein Alkohol – keine Frage!
Ab 0,3 Promille Alkohol im Blut droht eine Strafanzeige.Wer mit über 1,6 Promille Blutalkohol Rad fährt, wird als absolut fahruntüchtig eingestuft und begeht laut Gesetz eine Straftat. Neben einer entsprechenden Geldstrafe (plus drei Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg) kann der Radfahrer dann auch zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) verdonnert werden. Wer an dem „Idiotentest“ nicht teilnimmt oder ihn nicht besteht, ist seinen Führerschein für einige Zeit los.
Diese Regeln in puncto Alkohol beim Fahrradfahren gelten im übrigen auch für Pedelecs mit einem Motor, der maximal 250 Watt leistet und sich ab 25 Stundenkilometern ausschaltet. S-Pedelecs 45 gelten hingegen als Kraftfahrzeug. Für diese Radfahrer gilt, was auch für Autofahrer gilt: 0,5 Promille sind eine Ordnungswidrigkeit, 1,1 Promille und mehr am Steuer gelten als Straftat.
Radwege benutzen
Auch wenn auf der Straße radelnde Zweiräder Autofahrern oft ein Dorn im Auge sind: Radler müssen nicht automatisch auf Seitenwege ausweichen. Ist aber ein Radweg mit einem weißen Fahrrad auf blauem Grund gekennzeichnet, müssen Radfahrer ihn benutzen, es sei denn, er ist aus diversen Gründen (Baustelle oder parkende Autos) nicht befahrbar. Für Radfahrer gilt das Rechtsfahrgebot. Wer sich nicht daran hält, riskiert ein Bußgeld von 15 Euro sowie eine Mitschuld im Falle eines Unfalls.
Gehwege sind Tabu
Zum Schutz von Fußgängern ist das Bußgeld für regelwidriges Radfahren auf Gehwegen seit Ende April 2020 von zehn bis 25 Euro auf 55 bis 100 Euro erhöht worden.
Mit der StVO-Novelle ist jetzt allerdings ausdrücklich erlaubt, dass man zu zweit nebeneinander mit dem Rad fahren darf. Andere Verkehrsteilnehmer dürfen dadurch zwar nicht behindert werden, solange jedoch genug Platz zum Überholen ist, liegt keine Behinderung vor. Bislang lautete die Grundregel: Mit Fahrrädern muss einzeln hintereinander gefahren werden.
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Sonderrechte für Kinder
Ein generelles Fahrverbot für Radler gilt sowohl in Fußgängerzonen als auch auf Gehwegen (siehe oben). Ausgenommen sind Kinder: Bis zum Alter von acht Jahren müssen sie den Fußweg benutzen, zwischen acht und zehn haben sie die Wahl zwischen Gehweg und Straße.
In besonderen Verkehrssituationen sollten Eltern aus Sicherheitsgründen erwägen, ob das begleitete Kind mit auf der Fahrbahn fährt oder gegebenenfalls gemeinsam der Gehweg benutzt wird. Verkehrsjuristen haben in Einzelfällen festgestellt, dass die Regelung der Straßenverkehrsordnung nicht immer praxisgerecht ist.
Wissenswertes zu roten Ampeln
Spannung herrscht oft vor roten Ampeln. Hier lauert Konfliktpotenzial zwischen Auto- und Radfahrern. Doch wenn die Ampel rot zeigt, müssen Radler sich nicht hinten anstellen. Radfahrer dürfen bei stehendem Verkehr rechts an den Autos vorbeifahren. Wichtig dabei ist allerdings, dass sie dabei langsam fahren und äußerst umsichtig agieren.
Richtig teuer wird es, eine rote Ampel beim Fahrradfahren zu ignorieren: Wer eine rote Ampel auf dem Rad überfährt, zahlt bis zu 100 Euro. Bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sind bis zu 160 Euro und ein Punkt im Flensburger Verkehrsregister fällig. Hat das Vergehen einen Unfall oder Sachbeschädigung zur Folge werden 180 Euro fällig. Wenn eine besondere Ampel (mit Fahrradsymbol) angebracht ist, müssen Radfahrer auf dem Radweg sie beachten.
Musik beim Fahrradfahren
Musik im Ohr ist beim Radeln prinzipiell erlaubt: Die StVO lässt das Tragen von Kopfhörern zu, solange der Radfahrer noch den Verkehr um sich herum akustisch wahrnehmen kann. Was die Außenwahrnehmung angeht, so kommt es auch auf die Art der Kopfhörer an. In-Ear-Kopfhörer, die im Gehörgang stecken oder solche, welche die komplette Ohrmuschel abschirmen, lassen viel weniger Umgebungsgeräusche zu als sogenannte Ear-Bud-Kopfhörer, die über einen Bügel ans Ohr gehängt werden.
Doch laut einer Studie führt Musikhören selbst bei normaler Lautstärke im Straßenverkehr zu einer verminderten Reaktionszeit um bis zu 20 Prozent, was das Unfallrisiko deutlich erhöht. Also doch lieber mal den Sound der Stadt oder der Natur genießen.
Handys und Helme
Telefonieren auf dem Rad ist tabu. Zur Rechenschaft gezogen werden Radfahrer, die sich mit einem Handy am Ohr erwischen lassen: Hierfür ist ein Bußgeld von 55 Euro fällig.
Auch wenn Helmtragen äußerst sinnvoll ist, besteht bei uns auf dem Rad keine Helmpflicht. Anders sehen das die Juristen bei einer „sportlichen Fahrweise“: Mountainbike- oder Rennrad-Fahrer können bei Unfällen eine Mitschuld tragen, wenn sie keinen Helm tragen, da sie als „besonders gefährdete Radgruppe“ ein höheres Verletzungsrisiko trifft.
Es kommt aber auf die Fahrweise an: Wer also das Rennrad zur Beförderung und nicht zur sportlichen Ertüchtigung nutzt, muss keinen Kopfschutz tragen. Aber schützend wäre er natürlich schon.
Schlaglicht auf Beleuchtung
Last but not least: das Licht. Es musste bis vor kurzem von einem Dynamo kommen, um der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zu entsprechen. Lediglich Rennrädern bis elf Kilogramm war ein Batterielicht erlaubt. Auch wenn dieses längst beliebter und technisch ebenbürtig geworden ist, wurde das Gesetz lange Zeit nicht geändert. Eine Gesetzesnovelle sollte nun die Masse an batteriebetriebener Fahrradbeleuchtung legalisieren. Das ist dem Gesetzgeber nur bedingt gelungen.
Hier der aktuelle Gesetzestext: „Fahrräder müssen für den Betrieb des Scheinwerfers und der Schlussleuchte mit einer Lichtmaschine, deren Nennleistung mindestens 3 Watt und deren Nennspannung 6 Volt beträgt oder einer Batterie mit einer Nennspannung von 6 Volt (Batterie Dauerbeleuchtung) oder einem wiederaufladbaren Energiespeicher als Energiequelle ausgerüstet sein.“
Verzicht auf blinkende Lichter
Technisch bedingt werden viele Halogen- und LED-Scheinwerfer aber mit anderer Spannung betrieben. Streng genommen sind diese auch nicht gesetzeskonform, wenn sie mit Batterien unter oder über 6 Volt betrieben werden. Denn nur mit Akkus würde die Pflicht von 6 Volt entfallen. Mit der neuen Regelung ist es nun aber zulässig, eine Kombination aus Dynamoscheinwerfer und Batterierücklicht am Fahrrad zu führen.
Darüber hinaus haben Front-Scheinwerfer und Rücklicht über ein Prüfzeichen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu verfügen, die sogenannte K-Nummer, bestehend aus einer Zahl, dem Buchstaben K und einer Wellenlinie. Übrigens: Einige Lichter besitzen eine Blinkfunktion. Vorgeschrieben ist jedoch ein dauerhaftes Licht und entgegen landläufiger Meinung ist durch blinkende Lichter der Fahrradfahrer auch nicht sicherer, denn er ist für andere Verkehrsteilnehmer schwerer zu orten. Daher sollte auf blinkende Lichter stets verzichtet werden.
Wir müssen uns beim Fahrradfahren also täglich durch einen Dschungel von Regeln und Gesetzen kämpfen. Wir hoffen, Sie haben jetzt den Durchblick und vor allem viele schöne Ausfahrten in den Vorsommer 2020.