Firmenreport SKS Germany: Fahrrad Luftpumpen seit 100 Jahren
Fahrradpumpen Hersteller SKS Germany feiert 100-jähriges Firmenjubiläum
Firmenreport SKS Germany: Fahrrad Luftpumpen seit 100 Jahren
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Wenn aller Anfang im Volksmund stets als schwer bezeichnet wird, so findet dieser im Falle von SKS Germany seinen Startschuss in Form einer Gardinenstange.
SKS Germany: Eine Zeitreise durch 100 Jahre
Es war im Jahr 1921 und Karl Scheffer-Klute begann damit, Tag für Tag Metallstäbe in seinem Keller im nordrhein-westfälischen Sundern zu fertigen.
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Nach Jahren mäßigen wirtschaftlichen Erfolges stand er 1927 vor einer weitreichenden Entscheidung: Seine Söhne waren bereits verstorben, ihm selbst machten Altersbeschwerden zunehmend zu schaffen.
Schließlich beauftragte er seine Tochter, ihrem Verlobten in Hamburg einen Brief zu schreiben – und eine große Bitte zu formulieren. So stand der Holzkarosseriebauer Wilhelm Blome plötzlich vor der Wahl, den Handwerksbetrieb in Sundern zu übernehmen.
Und befand sich wenige Tage später mit gepackten Koffern abfahrbereit am Bahnsteig, um dem Lockruf aus seiner Heimat zu folgen.
Der Weg in die Fahrradbranche
Zuhause angekommen, veräußerte er sein einst geerbtes Grundstück und investierte den Erlös in den Betrieb seines zukünftigen Schwiegervaters. Die Produktion lief wieder an, Blomes erste Amtshandlung darf rückblickend als seine wichtigste betrachtet werden.
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Seine zweitwichtigste: die Übernahme einer ortsansässigen Luftpumpenfabrik im Jahr 1932. Weniger einer strategischen Planung zu Grunde liegend, vielmehr aus alter Verbundenheit zu einem Schulkamerad. Dieser war einer von damals über sechs Millionen Arbeitslosen in Deutschland, die infolge der Weltwirtschaftskrise ihre Jobs verloren hatten.
Neues Fabrikgelände
Die Metallwarenfabrik Scheffer-Klute hatte hingegen ein neues Fabrikgelände bezogen, über 20 Angestellte und ein florierendes Geschäft. Als ehemaliger Betriebsleiter einer Luftpumpenfabrik verfügte Blomes Schulfreund über Kenntnisse, die sich schnell als Schlüsselkompetenz für den Aufstieg des Unternehmens herausstellen sollten.
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Fahrräder waren im Straßenbild der frühen 30er Jahre zahlreich vertreten, sowohl in Deutschland als auch in zahlreichen Nachbarländern. So war der Weg frei in einen ungemein ausbaufähigen Fertigungszweig: die Fahrradbranche.
Metall-Luftpumpen schnell gefragt
Mit einem ledernen Musterkoffer, bestückt mit Pumpen, zog Wilhelm Blome fortan von einer Fahrradfirma zur nächsten und pries seine Ware an. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten; hochwertige Metall-Luftpumpen aus dem Haus SKS (die Abkürzung für Scheffer-Klute Sundern) waren begehrt.
Aufgrund der hohen Nachfrage ergänzten schon bald weitere „Luftpumpen von Weltruf “ das Fertigungsprogramm, sodass das Fabrikgebäude an der Sunderner Hubertushalle zügig weiter ausgebaut werden musste.
Neue Geschäftszweige für SKS
Nachdem in den Kriegsjahren die Erzeugung geschlagener Sechskantmuttern für Junkers Flugzeug- und Motorenwerke die Produktion bestimmten, stieg die Nachfrage nach Fahrradpumpen Ende
der 40er Jahre wieder schlagartig an.
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Neu im Sortiment waren mittlerweile Fußball-Pumpen, deren Verkaufszahlen ebenfalls rapide nach oben schossen. Dank des patentierten Ventilanschlusses für Autoventile bot SKS auch Pumpen für Motorräder und den landwirtschaftlichen Einsatz an.
Heute machen die Sauerländer als SKS metaplast Scheffer-Klute GmbH etwa 25 Prozent ihres Gesamtumsatzes in der Automobilbranche.
Kunststoff wird Rohmaterial
Neben der immer breiter werdenden Kundschaft schritt auch die innerbetriebliche Weiterentwicklung stetig voran. So kam es im Jahr 1956 zu einer grundlegenden Weichenstellung und strategischen
Neuausrichtung:
Um sich von den seit jeher zugekauften Stahlrohren unabhängig zu machen, wurde zunächst mit Aluminium experimentiert, um sich schlussendlich für Kunststoff als neues Rohrmaterial zu entscheiden.
Auf der Führungsebene stieg Wilhelm Blomes Sohn Willi drei Jahre später in das Unternehmen mit ein und sorgte damit für den Erhalt des Prädikats eines Familienbetriebs.
Radsport-Boom bringt Klassiker
Anfang der 60er dominierte der Radsport die Branche. In diesem Jahrzehnt hob auch der Betriebsleiter und Chefentwickler Walter Scheffer den Rennkompressor aus der Taufe, das bis heute wohl kultigste SKS-Produkt.
Nicht zuletzt, weil die Szene die Pumpe schnell als „Vater aller Standpumpen“ taufte. Bis heute hat das Produkt zahlreiche Evolutionsstufen durchlaufen, erinnert mit seinem Gussfuß, Metallzylinder und Holzgriff jedoch weiterhin an das ursprüngliche Modell.
SKS Germany profitiert vom Radsportboom
In den 70er Jahren lösten Didi Thurau und Gregor Braun den ersten deutschen Radsportboom aus. Thurau begeisterte in Gelb Millionen vor den Bildschirmen und Gregor Braun wurde 1976 zum Sportler des Jahres gekürt.
In der Folge waren Rennräder gefragt und SKS stellte mit der Rennstar oder Super Corsa die ersten Rennrad-Rahmenpumpen her.
SKS Germany wird Weltmarktführer
In den 80er und 90er Jahren bestimmte die Erstausrüstung, also die Lieferung von Pumpen an die Fahrradfabriken, die Ausrichtung des Unternehmens.
SKS wurde zum Marktführer und Mengenlieferanten für OEM-Luftpumpen und lieferte in bis zu 90 Länder weltweit. Täglich liefen im Werk Sundern vollautomatisiert bis zu 50.000 Pumpen vom Fließband.
In der Rückschau betrachtet, ereignete sich im Jahr 1983 das Schlüsselereignis auf dem Weg zum Weltmarktführer im Bereich der Schutzblech-Fertigung. Die englische Traditionsmarke Bluemels hatte seine Zahlungsunfähigkeit angemeldet, die SKS-Geschäftsleitung beschloss, deren Luftpumpen-Maschinen aus der Insolvenzmasse aufzukaufen.
SKS Germany produziert Radschützer
Vor Ort in Großbritannien fiel kurzerhand die Entscheidung, herumstehende Schutzblech-Extruder ebenfalls zu erwerben. Der spontane Impuls erwies sich schnell als absoluter Glücksfall. Die fortan ebenfalls in Sundern produzierten Kunststoff-Radschützer wurden zum Verkaufsschlager: Anfang der 90er Jahre dominierte SKS Germany den Weltmarkt für Fahrrad-Erstausrüstungen.
Und auch die Entwicklung des Quick-Release Steckradschutzes, bis heute einer der beliebtesten Radschützer für Mountainbikes, machte SKS ab dem Jahr 1999 zum Marktführer in diesem Segment.
Willo Blome steigt in Familienunternehmen ein
Inzwischen war Willo Blome in das Familienunternehmen eingestiegen und stellte sich gemeinsam mit Michael Beste als weiteren geschäftsführenden Gesellschafter den neuen Herausforderungen des Marktes.
Mit der Vertriebsumstrukturierung vom Großhandel auf den Fachhandel erfand sich SKS rund um die Jahrtausendwende quasi neu.
Erlebniswelt in ehemaliger Fabrik
Im Jahr 2009 belieferte das Unternehmen rund 5700 deutsche, später auch österreichische, niederländische und belgische Fachhändler direkt ab Werk.
Für Schulungs- und Kommunikationszwecke entstand 2011 die Markenerlebniswelt Orange World – und zwar dort, wo alles seinen Anfang fand: in der ersten Fabrikhalle, in der die Pumpen einst an langen Tischen von Hand montiert wurden.
Zwischen alten Stahlpfeilern, Sprossenfenstern und Betonwänden soll der Geist des Firmengründers, der das Fundament für die nachfolgenden Generationen gelegt hatte, beibehalten und weitergetragen werden.
SKS Germany im Jahr 2021
Heute arbeiten bei SKS Germany rund 400 Mitarbeiter, davon 25 Auszubildende in elf Ausbildungsberufen. Im Jahr 2020 wurden 1,2 Millionen Luftpumpen, 3,1 Mio. festmontierte und 1,9
Mio. ansteckbare Radschützer hergestellt.
Hochwertige Mini- und Rahmenpumpen sowie Dämpfer- und Standpumpen prägen das SKS-Luftpumpensortiment.
Fokus auf digitalem Zubehör
Im Jahr 2021 weltweit bekannt ist SKS Germany außerdem für seine innovativen Radschützer für jede Laufrad- und Rahmengröße.
Neben Werkzeugen, Kettenschützern, Flaschen, Flaschenhaltern und Fahrradtaschen wurden mittlerweile auch eine Smartphonehalterung mit induktiver Ladefunktion sowie ein Reifendrucksensor in das Programm integriert. Zukünftig soll der Fokus auch auf der Entwicklung von digitalem Zubehör liegen.
Rad soll stetig neu erfunden werden
Nicht zuletzt damit will SKS in seinem Jubiläumsjahr den auserkorenen „Das Rad neu erfinden“-Slogan mit Plänen für die Zukunft untermauern.
Weitsicht und Innovationsgeist, den auch Wilhelm Blome einst auf seiner Rückkehr von Hamburg ins Sauerland mit im Gepäck hatte. Unternehmerischen Mut, den Karl Scheffer-Klute vor hundert Jahren in einer Zeit der Ungewissheit bei der Firmengründung an den Tag legte.
Und den Weg dafür ebnete, dass bis heute Millionen von SKS-Fahrradluftpumpen die Fertigungsstätte in Sundern verlassen haben – die aneinandergesetzt den Erdball mehrfach umspannen würden.