Cannabis und Fahrrad fahren: Legalisierung, Gesetz, Verkehrssicherheit

Neues Cannabis-Gesetz: Darf ich jetzt bekifft Fahrrad fahren?

Cannabis und Fahrrad fahren: Legalisierung, Gesetz, Verkehrssicherheit

Am 1. April 2024 ist das neue Cannabis-Gesetz in Kraft getreten, Kiffen ist demnach weitgehend legal. Doch was bedeutet das für das Thema Radfahren und Cannabis? Denn im Drogenrausch Fahrradfahren ist natürlich weiterhin nicht erlaubt. Wir klären den Stand der Dinge.
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Weltweit betrachtet ist Cannabis die am häufigsten konsumierte Droge. Auch in Deutschland ist sie beliebt, wenn auch umstritten. Deshalb rang man auch jahrelang um eine mögliche Legalisierung. Die Ampelregierung hatte sich bereits im Koalitionsvertrag darauf geeinigt und hat Cannabis-Konsum zum 1. April 2024 teil-legalisiert. Der Besitz und Anbau von Cannabis ist jetzt unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Trotzdem darf man nicht bekifft Fahrrad fahren.

Verkehrstüchtigkeit durch Cannabis-Konsum eingeschränkt

Die Deutsche Verkehrswacht (DVW) warnt davor, das Thema auf die leichte Schulter zu nehmen. Wer Cannabis konsumiert hat, ist vorübergehend nicht verkehrstüchtig. Dabei ist die Sache äußerst komplex. Es gibt verschiedene Wirkungen: Müdigkeit, Wahrnehmungs- und Konzentrationsstörung sowie Einschränkungen der Reaktionsfähigkeit und des allgemeinen Denkvermögens. Leicht benebelt am Steuer oder Lenker zu sitzen kann gefährlich sein, soviel ist klar.

Die DVW plädiert daher für eine intensive Aufklärungsarbeit über die Auswirkung der dann legalen Droge. Prof. Kurt Bodewig, Präsident der Deutschen Verkehrswacht und Bundesminister a.D. erläutert: „Kernbotschaft muss die Notwendigkeit einer strikten Trennung von Drogenkonsum und aktiver Verkehrsteilnahme sein. Nur so senken wir hier das Unfallrisiko. Es gilt der Grundsatz: Wer kifft, fährt nicht!“

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Streitpunkt Grenzwert

Wie die Grenzwerte für Verkehrsteilnehmer aussehen werden, wurde von verschiedenen Arbeitsgruppen diskutiert. Die Kommission, die das Bundesverkehrsministerium zuletzt eingesetzt hatte, bestehend aus Experten aus Medizin, Recht, Verkehr und der Polizei, hat dann folgendes Limit vorgeschlagen: Der Grenzwert sollte 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (kurz THC) je Milliliter Blutserum sein. Dies wird als eher konservativer Ansatz gesehen, das Risiko soll mit 0,2 Promille Alkohol im Blut vergleichbar sein.

Dieser Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC im Blut ist jetzt vom Gesetzgeber beschlossen und gilt seit dem 22. August 2024. Wer mit einem höheren THC-Gehalt im Blut Auto fährt, riskiert ein Bußgeld von 500 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot. In Kombination mit Alkoholkonsum erhöht sich der Betrag auf 1000 Euro.

Bei Führerscheinneulinge sieht das Gesetz eine andere Regelung vor, genau wie es auch die Deutsche Verkehrswacht empfohlen hatte: In der zwei Jahre dauernden Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt ein absolutes Cannabis-Verbot. Die sogenannte Nachweisgrenze gleicht somit der Nullpromille-Regel für Fahranfänger.

Was bedeutet das für Radfahrer?

Einen Grenzwert für Radfahrer hat der Gesetzgeber nicht definiert. Und das bedeutet wiederum: Wer gekifft hat, aber völlige Kontrolle über sein Fahrzeug hat und im Straßenverkehr nicht auffällt, bekommt keine Probleme mit der Polizei.

Aber: Wer wegen berauschender Mittel nicht mehr verkehrstüchtig ist und dennoch am Steuer eines Fahrzeugs sitzt, verstößt nicht nur gegen das Betäubungsmittelgesetz. Kommt es nämlich zu einer konkreten Gefahrensituation, drohen eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Außerdem müssen Personen, die bekifft Fahrrad gefahren sind und so andere Verkehrsteilnehmer gefährdet haben, in der Regel für längere Zeit (6 Monate bis 5 Jahre) ihren Führerschein abgeben und erhalten Punkte in Flensburg. Teilweise wird auch eine MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung) zur Fahreignung angeordnet.

Von allen Sanktionen ausgenommen ist Cannabis-Konsum, wenn dieses von einem Arzt als Arzneimittel verschrieben wurde und beispielsweise gegen chronische Schmerzen konsumiert wird.

Diskussion um den Grenzwert

Bis zur neuen Rechtsprechung lag der Grenzwert bei 1,0 Nanogramm THC im Blut. Interessant ist, dass der Deutsche Verkehrsgerichtstag bereits 2022 eine Erhöhung des THC-Grenzwertes empfohlen hatte. Das Argument: Der bisherige Grenzwert sei so niedrig, dass Betroffene „in einem nicht vertretbaren Umfang“ sanktioniert würden. Denn nur weil man vor einigen Tagen Cannabis konsumiert hat, heißt das nicht, dass man sein Fahrzeug nicht sicher und ohne Einschränkungen fahren könne.

Das Thema ist deshalb so kompliziert, weil sich Cannabis im Vergleich zu Alkohol nicht linear und extrem langsam abbaut. Auch nach Wochen kann ein Cannabis-Konsum nachgewiesen werden, auch wenn er längst keine Wirkung mehr auf den Organismus hat. Das gilt ganz besonders bei regelmäßigem Konsum. Nur aufgrund der THC-Konzentration lassen sich keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Zeitpunkt des Konsums ziehen.

Aber wann hat man denn nun den Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC im Blut? Da dies von so vielen Faktoren abhängt, empfehlen viele Experten grundsätzlich, nach beispielsweise einem Joint mindestens 12 Stunden zu warten, bevor man sich ans Steuer eines Autos setzt.

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