Anja Kallenbach, Model und Mountainbikerin im Interview
Miss Germany 2021 und Mountainbikerin: Anja Kallenbach
Anja Kallenbach, Model und Mountainbikerin im Interview
in Persönlichkeiten
Eine Gemeinsamkeit ausmachen lässt sich zwischen der Vita von Anja Kallenbach und ihrer Leidenschaft Mountainbiking. Ernsthaft ereignisreich und aufregend gerät eine Biketour erst, wenn die Strecke nicht mehr nur schnurgerade verläuft. Anja Kallenbach erteilte ihrer, weil von ihr als zu rigide empfundenen, schulischen Laufbahn schon nach der neunten Klasse eine Absage; verließ die Schule mit dem Hauptschulabschluss. Gehindert hat sie das nicht daran, später ihr Abitur nachzuholen, Betriebswirtschaft zu studieren und bereits mit 24 Jahren als Geschäftsführerin eines Einzelhandelsunternehmens zu fungieren. Seit rund 20 Jahren schon streift Anja Kallenbach regelmäßig per Mountainbike durch Thüringen oder genießt in verschiedenen Bikeparks Adrenalinausschüttung und die Möglichkeit zur eigenen fahrerischen Weiterentwicklung. Dabei heute oft an ihrer Seite: ihre beiden Töchter und ihr Partner.
Überhaupt nahm das Fahrrad im Allgemeinen und das Mountainbike im Besonderen in den letzten zehn Jahren auch beruflich viel Platz im Leben der umtriebigen Thüringerin ein: Gemeinsam mit ihrem Partner führte sie über zehn Jahre zwei Bikeshops, betreut beruflich selbst nun aktuell den Öffentlichkeitsauftritt einer Firma.
Anja Kallenbach: Miss Germany 2021 im Interview
Anja Kallenbachs Bewerbung zur Wahl der Miss Germany 2021 wirkt wie ein logischer, nächster Schritt für einen Menschen, der sich noch mit 27 Jahren dazu entschlossen hat, zu modeln und dem Leben überhaupt immer wieder bereichernde Abenteuer abzuringen. In beiden obendrein erfolgreich: Die Wahl zur Miss Germany 2021 gewann die Thüringerin und auch als Model arbeitet sie regelmäßig. Einen elementaren, ausgleichenden Faktor zu den Herausforderungen des Berufs- und Privatlebens von Anja Kallenbach bildet das Mountainbiken, mit und ohne Motorunterstützung. Dem erfrischenden, durchdringenden Nervenkitzel neuer Erfahrungen ist sie auch am Volant ihres E-MTBs bei Bikepark-Exkursionen sehr zugetan. Wilde Wurzelabfahrten und mannshohe Sprünge sind für die Miss Germany 2021 wichtige Fahrspaß-Zutaten.
Frau Kallenbach, wie sind Sie zum Mountainbiken gekommen?
Vor 20 Jahren, über meinen Freund. Er war schon immer Fahrradfahrer und weil wir unsere Freizeit gerne zusammen verbringen wollten, bin ich dann irgendwann mal mit ihm gefahren. Klar, anfangs fand ich das noch absurd, wo Mountainbiker überall fahren und runterfahren. Zunehmend hat es dann aber Spaß gemacht und dann fährt man nach ein paar Wochen selbst Passagen runter, die man zuvor als absurd empfand (lacht). Das ist super.
Haben Sie erklärte MTB-Lieblingstouren bei Ihnen daheim in Thüringen?
Ja! Einen Hometrail direkt vor der Haustür, am Berg im Ort, den man hochstrampelt und dann verschiedene Abfahrten nimmt. Ansonsten fahren wir gerne in den Bikepark Oberhof, der erst vor kurzem ausgebaut wurde. Das ist unser meist befahrener Bikepark, da geht’s oft sonntagmorgens hin und abends wieder zurück.
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Hohe Sprünge im Bikepark
Auf Bildern sieht man Sie im Bikepark auch hohe, weite Sprünge wagen. Ihre Herangehensweise: einfach drauflos?
Ja, das ist schon lustig; manchmal fährt man doch 20 oder 30 Mal an einem Sprung vorbei, bis man irgendwann soweit ist und sich sagt „Ach komm, jetzt versuche ich den einfach“. Wobei man das nur macht, wenn man regelmäßig im gleichen Park unterwegs ist und richtig ins Fahren dort reinkommt.
Ein gewisses, fahrerisches Abenteuertum scheint Ihnen allerdings zu eigen?
Bei mir ist es schon so: E-Bike-Motor an, Kopf aus. Ich fahre schon viel, denke aber über manches gar nicht so viel nach. An Stellen, wo andere denken, machen und tun oder sich den Trail zigmal von oben oder unten angucken, denke ich oft eher „Ach, ich mach das jetzt einfach“ (lacht).
Sie „verkopfen“ in anspruchsvollen Fahrsituationen nicht zu sehr?
Ja, ich verkopfe tatsächlich nicht und trau mich wirklich viel. Ich probiere dann manches einfach aus, bis zu einem gewissen Punkt natürlich.
Wo fahren Sie als Familie mit Ihren Kindern Rad? Sind die auch schon auf dem MTB unterwegs?
Ja, die nehmen wir zum Biken auch schon mit. Also, meiner Meinung nach könnte das noch öfters sein, aber sie sind schon einen Pumptrack-ähnlichen Trail im Bikepark gefahren, mit kleinen Sprüngen, die die Profis doublen und die man als Kind einfach rollt. Das macht ihnen richtig Spaß. Da fühlen die sich toll und sagen, „Ich war mit Mama und Papa schon im Bikepark“ und sind ganz stolz. In zahlreichen Bikeparks ist es ja auch so, dass man seine Kinder in der Bikeschule morgens abgeben und dann selbst fahren gehen kann. Von anderen lernen sie ja meistens auch noch mal besser als von den eigenen Eltern (lacht).
Fahrtechnikcoaching von Frauen für Frauen
Sie haben sich im Herbst letzten Jahres zum Fahrtechnikcoach ausbilden lassen. Konnten Sie Ihr Wissen schon in einem Fahrtechnikkurs weitergeben?
Ja, ich hab tatsächlich schon einen Kurs gegeben, ich hab die Ausbildung ja im September gemacht und am Wochenende danach war der Thüringer Bikepark Oberhof noch auf, so dass ich dort direkt den Kurs geben konnte. Für dieses Jahr ist jetzt auch schon ein bisschen was geplant. Ein Ladies-Fahrtechnik-Camp im Bikepark Oberhof, über zwei Tage im Mai mit Grillsession und Yoga. Das mach ich gemeinsam mit einem Freund, der als Fahrtechnikcoach arbeitet.
Lernen Bikerinnen Ihrer Einschätzung nach in puncto Fahrtechnik besser von Fahrerinnen?
Ich würde sagen, das trifft zu. Ich glaube, Frauen wollen von Frauen lernen. Das ist ja der Grund, warum ich den Fahrtechnik-Trainerschein gemacht hab. Immer wenn ich auf Instagram etwas vom Bikepark oder vom Fahrradfahren gepostet hab, kamen Fragen von Frauen. Da hatte ich jedes Mal etwa 20 Fragen in meinem Posteingang: „Wo fährst du da?“, „Kann ich das auch?“, „Brauch ich dazu Protektoren?“, „Was fährst du da alles, wie machst du das?“. Nun gibt’s ja viele MTB-Fahrtechniktrainer – allein im Bikepark Oberhof gibt es mehrere –, aber ich hab noch nie einen Kurs mit einer Frau gesehen, noch nie! Dann hab ich überlegt: Wenn ich eine Frau bin, nicht so gut fahren kann und dann sind da sechs Männer plus Trainer im Kurs, dann will man das als Frau natürlich eher nicht. Deswegen bin ich spezialisiert auf Frauen und hab den Trainerschein gemacht, um Frauen und Kinder zu unterrichten.
Hat Mountainbiken auf so manche Frau früher abschreckend gewirkt, weil man den Sport als Männerdomäne wahrgenommen hat?
Ja, absolut. Das möchte ich eigentlich aufbrechen. Als ich damals angefangen hab, MTB zu fahren, und es stand in der Schlange am Lift im Bikepark Winterberg oder Willingen außer mir noch eine Frau an, dann dachte ich, „Boah, ne Frau, ist das verrückt! Ich bin doch nicht alleine“. Und heute sind es etwa 30 Prozent Frauen. Trotzdem ist dieser Wandel bei vielen noch nicht angekommen, etwa bei Fahrradherstellern. Also ich glaube, da gibt es auf jeden Fall Entwicklungspotential.
Lernen Bikerinnen manche Dinge leichter oder weniger leicht, verglichen mit männlichen Fahrern?
Ich würde sagen, Frauen setzen Fahrtechnik-Tipps besser um. Die meisten haben nicht sehr viel Vorkenntnisse. Jungs fahren häufig schon mit drei Jahren in der Gegend rum oder wenn ich an die Jungs bei uns in der Straße denke, die schon ihren Wheelie ziehen und fleißig am Üben sind. Frauen haben da oft nicht so den Fahrtechnikbezug. Auch, was das Fahrrad angeht: Wenn ich einer Frauengruppe vor dem Losfahren sage, sie sollen noch kurz den Dämpfer prüfen, kommt zurück „Was sollen wir prüfen?“. Ein Junge wüsste meist gleich, was das ist, eine Frau nicht unbedingt. Was natürlich, bezogen auf die Fahrtechnik, kein Nachteil ist, aber man muss sich dem Thema bei Frauen schon anders nähern und mehr erfragen.
Sie verfügen als Miss Germany 2021 über eine gute mediale Reichweite – haben Sie mit dieser schon Frauen zum Mountainbiken inspirieren können?
Ja, das höre ich als Feedback auf meine Rad-Posts auf Instagram sehr oft, das ist total motivierend und ich freu mich da tierisch drüber. Viele sagen, „Boah, ich hab das jetzt auch mal probiert“ oder „Ich hab mir jetzt ein Fahrrad gekauft, das macht ja wirklich Spaß“. Ich bekomme da schon viel Feedback, ja. Da hab ich schon viele inspiriert und die lassen mich das auch wissen.
Anja Kallenbach, was bringt 2022 noch?
Gibt es in diesem Jahr ein Fahrrad-Traumziel für Sie?
Worauf ich mich dieses Jahr freue, wobei wir noch nicht genau wissen, wo es hingeht, ist ein verlängertes Mädels-Bike-Wochenende in den Alpen, irgendwo in Österreich wahrscheinlich.
Ich hatte schon Ihr massives E-MTB bewundert, gibt’s ein Lieblingsteil an dem Rad?
Ich hab mich in die starke Bremse an dem Bike verliebt, die reagiert sofort. Mit der hab ich anfangs gekämpft, aber jetzt ist sie perfekt eingestellt und bremst – das ist der Wahnsinn.
Und arbeiten Sie selbst an Ihren Rädern, erledigen Schraubertätigkeiten selbst?
Noch viel besser: Ich habe meine Vorstellungen und lass die umsetzen (lacht)! Nee, ich schraub daran nicht wirklich rum, sondern lass das machen, wenn ich bestimmte Wünsche habe.
Aus Ihrer Sicht: die attraktivste Radkategorie 2022 für viele Menschen?
Bei den Spritpreisen für viele bestimmt ein E-Bike – als Autoersatz.