Christopher Annen: Gitarrist und Radfahrer im Interview

„Raus kommen ist ein wichtiger, schöner Ausgleich“

Christopher Annen: Gitarrist und Radfahrer im Interview

Gitarrist Christopher Annen bildet zusammen mit Sänger Henning May und Schlagzeuger Severin Kantereit das Kölner Pop-/Rock-Trio AnnenMayKantereit – eine der erfolgreichsten deutschen Bands der letzten Jahre. Neben der Musik hat Christopher Annen schon in seiner Jugend im Radfahren eine weitere, wesentliche Leidenschaft aufgetan. Im Radfahren-Interview erzählt er, warum er gerne auf der Bahn fuhr und das Radfahren in Köln nicht immer ganz so cool ist.
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Star-Status haben Christopher Annen und AnnenMayKantereit nicht zuletzt in Deutschland schon seit einiger Zeit erreicht: Ihren YouTube-Videokanal abonnieren 2,3 Millionen Menschen, ihre Musikvideos werden zig millionenfach abgerufen und große Konzerthallen verkaufen sie binnen kurzer Zeit aus. Das im März dieses Jahres veröffentlichte vierte Album von Christopher Annen und seinen Bandkollegen, Sänger Henning May und Schlagzeuger Severin Kantereit, „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“, stieg bei Veröffentlichung auf Platz eins der deutschen Album-Charts ein. Auch international haben die drei Musiker eine große Fangemeinde gewonnen, seit Gründung der Band 2011 vier Alben veröffentlicht. Von den einfachen Anfängen als Straßenmusiker an belebten Plätzen und auf Straßen der Kölner Innenstadt haben es Christopher Annen und seine zwei Bandkollegen an renommierte Orte und auf die großen Bühnen geschafft. So spielen AMK während der Tour 2023 etwa in der Münchner Olympiahalle, auf der Parkbühne Wuhlheide in Berlin und – Heimspiel – im Müngersdorfer Stadion in Köln. Und mit ihren drei Vorgänger-Alben haben Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit Gold- respektive Platinstatus erreicht.

Sehr fröhlich-beschwingte Titel spielt das Trio ebenso wie Lieder über Liebe, wie etwa das auf dem Album „Schlagschatten“ 2018 erschienene „Du bist anders“ oder „Du tust mir nie mehr weh“ vom neuen Album. Musik, die einen unerwartet anpackt, mit solcher Intensität spielen AnnenMayKantereit, mit solch rauer, mitreißender Wucht singt Henning May. Und trotz ihrer steilen Musikkarriere scheinen May, Kantereit und Annen weit entfernt davon zu sein, die Bodenhaftung zu verlieren. So wirkt Christopher Annen angenehm besonnen, nahbar. Gut möglich, dass dies auch dem Umstand zu verdanken ist, dass der 34-Jährige neben dem Musikmachen, Bandproben und Auftritten unverändert seine zweite Leidenschaft pflegt: das Rennradfahren. Heute zwar nicht mehr ganz so sportlich wie einst, aber nicht weniger genussvoll.

Christopher Annen: Begeisterter Radfahrer auf Straße und Bahn

Radfahren: Christopher, du warst früher sogar im Kölner Radsportverein aktiv, oder?

In Köln bin ich noch beheimatet, ja, aber im Radsportverein nicht mehr. Das ist auch schon fünfzehn Jahre her. Ich bin in meiner Jugend viel Rennrad gefahren, auch einige Rennen. Dann kam aber das Gitarrespielen und, ein paar Jahre später, das Musikmachen dazwischen. Da blieb irgendwann keine Zeit mehr zum Training (lacht).

Du bist damals viel Straße und auf der Bahn gefahren?

Genau. Ich bin dann also viel Straße gefahren und einmal in der Woche war hier in Köln Bahntraining auf der Albert-Richter-Bahn. Das hat schon auch echt Spaß gemacht, ich war aber eher der Straßen- als der Bahnfahrer. Bahnfahren macht aber total viel Bock, wenn man so richtig schnell ist und dann in die Kurven gedrückt wird! Da hätt ich eigentlich auch noch mal Lust drauf. Große Rennrad-Touren fahr ich, wenn wir auf Tour gehen, kaum, weil ich immer Schiss hab, dass ich mich ablege und mir irgendwas breche. Wenn wir aber keine Auftritte haben, fahre ich ganz gerne mal mit dem Rennrad.

Hattest du in deiner aktiven Zeit dann den Wunsch, Radamateur oder -profi zu werden?

Ja, als ich so 14 oder 15 war, wollte ich da schon mehr draus machen, aber ich hab mit, glaube ich, 16 Jahren aufgehört und das war dann auch so okay. Ich bin nie Bundesliga gefahren oder semiprofessionell. Also, das hätte ich auch nicht geschafft; ich war nie der große Überflieger, mir hat das einfach Spaß gemacht (lacht).

Du bist also aus purer Freude am Fahren unterwegs.

Genau. Ich bin seit Ewigkeiten auch schon kein Rennen mehr gefahren und fahre Rennrad, wenn es eben zeitlich passt und ohne besondere Ambitionen. Ich fahr wirklich nur aus Spaß und hab dann auch immer wieder einige Wochen, in denen ich es nicht aufs Rad schaffe. Mir tut es auf jeden Fall immer total gut, das ist ein schöner Ausgleich. Und beim Fahren über drei, vier oder fünf Stunden hat man dann zudem was von der Landschaft gesehen. Schon cool!

Den Weg zum Kölner Proberaum der Band legt Christopher Annen, Gitarrist und Gründungsmitglied der Band, am liebsten im Radsattel zurück.

Einfluss des Radfahrens auf die mentale Gesundheit

Bist du ein besserer Mensch und Musiker, wenn du Radfahren warst?

(lacht) Was mir das auf alle Fälle bringt, ist, dass ich mal abschalten kann, den Kopf, aber auch die Ohren ein bisschen durchlüften kann. Dann kann man wieder anders an die Musik rangehen. Denn wenn ich viel Musik mache und viel Musik höre, dann verschwimmt das manchmal ein bisschen im Kopf, wenn man sechs Stunden vor den Boxen sitzt. Und dann tut das total gut, einfach mal rauszukommen. Ich hab dann keine Musik oder keinen Podcast im Ohr und höre einfach nix. Außer dem, was man eben draußen so hört.

Spürst du aufgrund eures anhaltenden, starken Erfolgs der letzten Jahre und eures internationalen Bekanntheitsgrads ein stärkeres Bedürfnis nach „Entstressung“?

Ich hab auch viele Freunde und Freundinnen, die Rennrad fahren. Also, das ist jetzt gar nichts so Spezielles, glaub ich, und hat nichts damit zu tun, dass ich stärker in der Öffentlichkeit stehe. Ich denke, Radfahren und raus zu kommen ist für sehr viele Leute, die ein bisschen gestresst sind, ein wichtiger Ausgleich. Für mich sicherlich!

Hast du deine beiden Bandkollegen mittlerweile zu Radfahrern gemacht?

Nein, Rennrad gefahren sind die jetzt noch nicht. Die machen natürlich in der Stadt super viel mit dem Rad und in Köln kann man sehr viel mit dem Rad erreichen. Es gibt kaum irgendwelche Anhöhen, außer die Rheinbrücken und alles ist so nah beieinander – da ist Radfahren super gut. Wenn es jetzt noch gute Radwege gäbe, wäre es wirklich ein Träumchen! Radfahrtechnisch macht Köln Fortschritte, aber es ist noch nicht alles gut. Es ist immer wieder auch gefährlich. Nicht immer agieren Autofahrer sehr rücksichtsvoll. Viele Straßen sind einfach eher auf Autos ausgerichtet. Würde man sie besser für Radfahrer denken, dann würden auch viel mehr Leute Rad fahren, glaub ich.

Sowohl du als auch deine Bandmitglieder seid ja noch viel in Köln unterwegs. Da würde im Alltag vermutlich sogar ein Lasten­rad Sinn machen, oder?

Ja, Lastenräder sind sehr praktisch. Wir haben uns als Band auch eines zugelegt, weil wir relativ oft Pakete holen müssen oder Sachen, die zu groß wären fürs normale Rad. So muss man nicht immer mit dem Auto fahren. Bei uns hat das Lastenrad immer gut was zu tun.

Fährt euer Cargobike mit E-Motor oder braucht ihr den im flachen Köln gar nicht?

Doch, das hat einen, ja.

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Das Fahrrad als wesentlicher Bestandteil der Verkehrswende

Ihr habt euch im vergangenen Jahr mit eurem Auftritt während der Proteste in Lützerath gegen den geplanten Fortbestand des Braunkohletagebaus Garzweiler klar positioniert. Würdest du dem Radfahren einen Zukunftsauftrag mitgeben, sprich: mehr Klima- und Umweltschutz per Rad?

Ja, ich glaub, das Rad ist ein wesentlicher Bestandteil der Verkehrswende. Klar, der ÖPNV ebenfalls, aber ich denke, speziell das Rad ist dafür super, weil ja eine Menge Autofahrten auf nicht mehr als fünf Kilometern stattfinden. Und das ist ja eine Distanz, die man so gut mit dem Rad zurücklegen kann. Dem Rad würde da eine zentrale Rolle zukommen und es wäre unfassbar wichtig, dass hier auf allen Ebenen ermöglicht wird, dass der Ausbau einer Radinfrastruktur schneller vorangeht. Es wäre eigentlich ja vergleichsweise kostengünstig, Radwege zu bauen. Man müsste ja noch nicht mal neue Straßen bauen, sondern könnte vorhandene einfach zu Radwegen umwandeln. Dann würde man viel CO2 und vor allem Feinstaub einsparen. Man muss ja auch sagen: Letzterer wird nicht zurückgehen, bloß weil E-Autos in den Städten fahren, weil die eben auch Bremsen- und Reifenabrieb produzieren.

Für den Wandel wird das Fahrrad super wichtig sein! Abgesehen davon macht es Spaß, Rad zu fahren, wenn es nicht gerade brutal regnet. Und es ist gesund. Also eigentlich nur gut. Vielleicht ist die Autolobby momentan einfach noch zu stark, ich weiß es nicht.

Angesichts deiner Radbegeisterung: Wie wahrscheinlich ist es, dass AnnenMayKantereit dem Radfahren einen Song widmet?

Ich denke, nach dem Song von Max Raabe übers Radfahren braucht man so einen Song nicht mehr – da wurde bereits alles gesagt.

Gibt es einen Radfahrtraum, der dir seit längerem schon im Kopf umhergeht?

Ein Traum ist, dass man richtig schön entspannt mit dem Rennrad durch Köln fahren kann. Das wäre erst mal das Coolste. Und wenn ich irgendwann einmal länger Zeit hab, würd ich gerne mal ein Fahrradtourchen auf Mallorca machen. Hab schon gehört, dass man das dort sehr gut machen kann. Ist aber noch nicht geplant.

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