Gebrauchte E-Bikes: So gelingt der Kauf
Gebrauchte E-Bikes? Ja, aber sicher!
Gebrauchte E-Bikes: So gelingt der Kauf
in Hintergrund
E-Bikes sind keine Schnäppchen. Die aktuellen Marktzahlen zeigen: Im Schnitt gibt ein Pedelec-Käufer mehr als 2000 Euro für sein Rad aus. Eine Investition, die wohlüberlegt sein muss. Dabei wissen viele Einsteiger gar nicht, ob ihnen das E-Bike-Fahren überhaupt Spaß macht. So viel vorweg: Unserer Erfahrung nach bereuen die wenigsten, das motorunterstützte Fahren entdeckt zu haben. Trotzdem muss das jeder für sich selbst – ja genau – erfahren. Da liegt es auf der Hand, zuerst einmal den Markt für gebrauchte E-Bikes zu sondieren. Die Angebote sind vielfältig und so breit wie der gesamte Fahrradmarkt. Wir geben Tipps zum Kauf.
Gebrauchte E-Bikes: Privat oder gewerblich?
Kleinanzeigen in der Lokalzeitung, vor allem aber Angebote auf einschlägigen Online-Plattformen, preisen massenhaft gebrauchte E-Bikes an. Dort sind es oft Privatpersonen, die ihre ausrangierten Schätze verkaufen wollen. Dabei gilt wie bei Gebrauchtwagen: Die Preise beim Privatkauf sind oft etwas niedriger als beim Fachhändler. Denn der will am in Zahlung genommenen Rad etwas verdienen. Lassen sie den Zwischenhändler weg, profitieren im Idealfall Käufer und Verkäufer: Der eine bekommt etwas mehr Geld als beim Händler für sein Rad, der andere zahlt dafür etwas weniger. Als unumstößliche Faustregel gilt das aber nicht. Denn es gibt Fallstricke.
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Gebrauchte E-Bikes: Die Haftung
Wer in Deutschland etwas verkauft, muss dafür grundsätzlich haften. Das heißt: Sollten nach dem Verkauf Mängel erkennbar werden, muss sie der Verkäufer beseitigen. Zumindest sofern klar ist, dass diese bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestanden. Private Verkäufer können diese Gewährleistungspflicht ausschließen. Das aber muss deutlich erkennbar und korrekt erfolgen. Die Stiftung Warentest etwa warnt vor falschen Formulierungen. Sie rät: Je einfacher, desto sicherer. „Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ – mit diesem simplen Satz sei der Verkäufer auf der sicheren Seite. Zusätze wie „ … da es sich um einen Privatverkauf handelt …“ seien überflüssig und könnten, so der StiWa-Rechtsberater – im Zweifel sogar dazu führen, dass der Haftungsausschluss unwirksam wird.
Gebrauchte E-Bikes immer korrekt beschreiben
Der Ausschluss der Sachmängelhaftung – wie die Gewährleistung inzwischen offiziell heißt – wird auch dann unwirksam, wenn die Artikelbeschreibung nachweislich falsch ist. Hat ein gebrauchtes E-Bike dem Alter und dem Nutzungsgrad entsprechende Gebrauchsspuren, so müssen diese grundsätzlich nicht als Mängel angegeben werden, schreibt die Stiftung Warentest weiter. Anders, wenn Mängel „arglistig verschwiegen“ werden, wie es der Verbraucherschutz-Bundesverband nennt.
Schwindelt der Verkäufer, muss er dafür gerade stehen
Beschreibt der Verkäufer das gebrauchte E-Bike als neuwertig, impliziert er ein gebrauchsspurenfreies Rad. Sind dann Kette, Ritzel oder die Bremsen doch deutlich verschlissen, haftet der Verkäufer voll; trotz korrekt formuliertem Ausschlusses. Kurz: Schwindelt der Verkäufer wissentlich, muss er dafür geradestehen. Der Käufer selbst hat auch einiges zu beachten. Grundsätzlich gilt: Gekauft wie gesehen. Versteckte Mängel muss er somit hinnehmen, wenn die Produktbeschreibung einen solchen potenziell einschließt. Denn klar ist: Es handelt sich um einen gebrauchten Artikel.
Grundsätzlich gilt: Gebrauchte E-Bikes werden gekauft wie gesehen
Für den Käufer hat der VZ-Bundesverband einen guten Tipp: „Damit das vermeintliche Schnäppchen nicht zum Flop wird, sollten mündliche Versprechungen des Verkäufers stets schriftlich festgehalten und unterschrieben werden.“ Käufer sollten sich das angebotene gebrauchte E-Bike immer genau anschauen. Es lohnt sich, das Modell und das Baujahr des Rads bestätigen zu lassen. Rückfragen bei einem Fachhändler, Vorabrecherche im Internet und bei Fachmagazinen wie der ElektroRad zeigen auf, wie viel das Rad im Neuzustand gekostet hat, ob es Schwachstellen gibt und wie hoch der Verkaufspreis vergleichbarer gebrauchter E-Bikes ist.
Weicht etwa der ausgewiesene Preis nach unten stark von ähnlichen Angeboten ab, ist Vorsicht geboten. Dann helfen tiefergehende Nachfragen beim Verkäufer des gebrauchten E-Bikes: Genaue Laufleistung, Einsatzgebiet, mögliche Folgekosten. Sind Bremsen, die Kassette und die Kette etwa schon deutlich verschlissen, kommen Folgekosten auf den Käufer zu. Noch teurer wird es, wenn etwa der Akku schon am Ende seiner Lebensdauer kratzt. Gibt der Verkäufer bereitwillig Auskunft, deutet das auf ein seriöses Angebot hin. Erhalten Sie auf Nachfragen keine Antwort: Finger weg.
Tacho kontrollieren
Gebrauchte E-Bikes haben in Sachen Kilometerleistung einen klaren Vorteil im Vergleich zu Fahrrädern ohne Motor: Die Software zeichnet jeden Kilometer auf und speichert ihn. Dieser Wert ist auch meistens zutreffend. „Zwar kann der Gesamtkilometerstand auf dem Display bei unserem System vom Fahrer eingestellt werden“, sagt Andreas Böxler vom Antriebshersteller Panasonic. „Der im Motor gespeicherte Wert ist aber nicht manipulierbar.“ Böxler rät dem Käufer gebrauchter E-Bikes, bei einem Fachhändler diesen Wert auslesen zu lassen. Stimmt er nicht mit den Angaben des Verkäufers überein, liegt eine arglistige Täuschung vor. Der Käufer kann das Rad zurückgeben und sich den Kaufpreis erstatten lassen. Auch bei Bosch und Shimano sind die Laufleistungen der Systeme unlöschbar im Motor gespeichert. Deren Werte lassen sich ebenfalls vom Händler auslesen. „Selbst bei einem Displaywechsel wird die im Motor registrierte Laufleistung angezeigt“, sagt Marko Kienle vom deutschen Shimano-Distributor Paul Lange.
Gebrauchte E-Bikes: Vorsicht vor Manipulation und Tuning
Andreas Böxler von Panasonic sieht eine einzige Möglichkeit, den fest gespeicherten Wert auszutricksen: Wenn eine spezielle, externe Tuningbox verwendet wird. Die gaukelt dem System vor, das Rad würde sehr langsam fahren. So unterstützt der Motor auch jenseits der tatsächlich gefahrenen rund 25 Stundenkilometer. Gleichzeitig registriert der Motor aber nur die virtuelle – also manipulierte – Geschwindigkeit mit entsprechend geringerer Laufleistung.
Inzwischen sinkt die Gefahr: Neuere E-Bike-Modelle sind nur noch schwer zu tunen. Bei Bosch etwa erkennt eine Software Manipulationen und schaltet das E-Bike automatisch in den Notlaufbetrieb. Nach der dritten Wiederherstellung kann dieser nur noch vom Händler aufgehoben werden. Grundsätzlich gilt: Tuning ist verboten und zieht rechtliche Konsequenzen nach sich. Darum sollten Sie niemals ein bereits getuntes gebrauchtes E-Bike kaufen.
Gebrauchtkauf vom Händler
Viele E-Bike-Händler nehmen – ähnlich wie Autohäuser – gebrauchte E-Bikes in Zahlung. Bieten sie diese wieder an, sind die Bikes meist generalüberholt. Je nach Notwendigkeit haben sie neue Verschleißteile wie Kette und Züge. Alle relevanten Teile sind zumindest durchgecheckt. Denn ein gewerblicher Händler kann die Gewährleistung nicht so ohne weiteres einschränken. Grundsätzlich gilt die gesetzliche Sachmängelhaftung für zwei Jahre. Beim Gebrauchtkauf kann der gewerbliche Händler diese um ein Jahr reduzieren. Das muss aber im Kaufvertrag explizit festgehalten sein.
Komplett ausschließen darf ein Händler die Gewährleistung beim gebrauchten E-Bike nicht, schreibt der Verbraucherzentrale-Bundesverband. Der Verkäufer kann einzelne Mängel in Absprache mit dem Käufer von der Haftung ausschließen. Dazu gehören etwa Kratzer oder Rostflecken. Aber auch dieser Ausschluss muss verhältnismäßig bleiben. Dubiose Autoverkäufer schreiben ins Kleingedruckte gerne Einschränkungen wie „schrottreif“ oder „zum Ausschlachten“, selbst bei voll funktionstüchtigen und sogar bei relativ jungen und teuren Wagen. Ziel: Die Haftung zu umgehen. Liegt der Verkaufspreis aber deutlich über dem eines tatsächlichen Schrottautos, ist der damit verbundene Haftungsausschluss nichtig – der Verkäufer bleibt voll haftbar. Verbraucherschützer übertragen dies auch auf den Kauf teurer gebrauchter E-Bikes.
Internetportale für gebrauchte E-Bikes
Ein ganz neues Geschäftsmodell geht mit Gebrauchtbike-Plattformen einher: Unternehmen wie das Münchener Startup Rebike Mobility kombinieren den Radverleih mit dem Verkauf gebrauchter E-Bikes. Der Ablauf ist denkbar einfach: Rebike kauft Elektrofahrräder im großen Stil und zu günstigen Konditionen direkt bei unterschiedlichen Herstellern ein. Diese Räder sind immer aus dem aktuellen Jahr und werden auf die Rebike Leih-Stationen verteilt und über die Online-Plattform „eBike Abo“ zur Verfügung gestellt. Nach einer gewissen Nutzungszeit werden die Räder generalüberholt und über die hauseigene Online-Plattform rebike.de verkauft.
Laufleistung und Nutzungsdauer der gebrauchten E-Bikes sind dabei unterschiedlich. Meistens liegen sie bei wenigen Wochen bis wenigen Monaten und deutlich unter 1000 Kilometern. „Wir vergleichen uns gerne mit einem Angebot wie etwa den ‚jungen Sternen‘ von Mercedes Benz“, erklärt Sven Erger, Gründer und Geschäftsführer von Rebike. „Die Räder sind jung, meist sogar aus dem aktuellen Modelljahr, deutlich günstiger als ein neues E-Bike, aus erster Hand und lückenlos gewartet.“ Rebike verleiht seine Räder derzeit in Oberstdorf und bald auch in Garmisch Partenkirchen. Eine touristisch attraktive Region sei ideal für einen E-Bike-Verleih.
Try-and-buy als Möglichkeit, bereits selbst gefahrene gebrauchte E-Bikes zu kaufen
Viele Menschen, so Erger, probierten gerade im Urlaub Neues aus. „Darum ist es wichtig, den Kunden neuwertige, einwandfreie Räder zu verleihen.“ Wenn das Erlebnis mit dem Leihrad stimme, sei der Weg zum eigenen E-Bike nicht mehr weit. „Da knüpfen wir mit unserem Angebot an.“ Verleih und Gebrauchtbike-Verkauf seien eng verbunden. Über das so genannte Try-and-Buy-Angebot könne jeder „sein“ E-Bike nach dem Urlaub gebraucht kaufen.
Natürlich unterliegt auch Rebike der oben beschriebenen Gewährleistungspflicht. Um dieser so gut wie möglich nachzukommen, werden alle gebrauchten E-Bikes automatisiert fotografiert, zusätzlich begutachtet und alle Mängel dokumentiert. Außerdem verlasse kein Rad das im März 2020 eröffnete Logistikzentrum von Rebike in Kempten, das nicht zu 100 Prozent gewartet, überprüft und fahrbereit sei. „Das läuft so gut, dass es praktisch keine Rückläufer wegen Gewährleistungsansprüchen gibt.“
Gebrauchte E-Bikes mit zwei Jahren Garantie
Mehr noch: Das auf inzwischen rund 30 Mitarbeiter angewachsene Startup gibt zwei Jahre Garantie auf Akku und Motor. Sollte doch einmal etwas nicht passen, kooperiert Rebike mit deutschlandweit 50 „VSF All-Ride“-Werkstätten und einigen weiteren Händlern vor Ort. Anfangs hatte Rebike vor allem Messerückläufer und Testräder der Hersteller aufgekauft, überarbeitet und gebraucht verkauft. Das habe aber bei weitem nicht die Nachfrage gedeckt, sagt Sven Erger. Darum erweiterten die Münchener ihr Angebot um die Leih-Stationen.
Im September 2019 kam das „E-Bike-Abo“ dazu: Interessenten können sich E-Bikes für drei, sechs oder zwölf Monate „abonnieren“. Am Ende der Laufzeit geht das Rad zurück an Rebike, von dort werden die Pedelecs zu den beschriebenen Bedingungen weiterverkauft.
Gebrauchte E-Bikes kaufen: Das Fazit
Jeder, der schon mal ein gebrauchtes Auto gekauft hat, braucht keine Angst vor dem privaten Kauf eines gebrauchten E-Bikes zu haben. Wer unsere Tipps beherzigt, sich in das Rad der Begierde etwas einliest und im Zweifel fachkundigen Beistand holt, kann ohne Sorgen ein echtes Schnäppchen machen. Dazu gehört aber auch: Niemand wird genötigt, ein gebrauchtes Rad zu kaufen. Haben Sie Zweifel: Lassen Sie die Finger weg. Eine gute Alternative ist der Gebrauchtkauf beim Händler. Der ist ein wenig teurer, bietet aber den vollumfänglichen Service und die Gewährleistung. Neu auf dem Markt sind Gebrauchtbike-Portale. Sie unterliegen den rechtlichen Regeln wie jeder andere kommerzielle Händler.