Kühlende Kleidung für Radfahrer: Merino, Leinen, Synthetik?

Cool down: Kühlende Kleidung für Radfahrer

Kühlende Kleidung für Radfahrer: Merino, Leinen, Synthetik?

36 Grad und es wird noch heißer … Hitzeperioden kommen in unseren Breitengraden immer häufiger vor. Wer bei hochsommerlichen Temperaturen auf eine Ausfahrt mit dem Rad nicht verzichten will, ist dankbar über Textilien, die Abkühlung bieten. Wie kann das gelingen, welche Materialien empfehlen sich und welche Produkte gibt es auf dem Markt? Ein Überblick.
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Wenn es besonders kalt ist, ziehen Radfahrer gerne viele Schichten übereinander, dieses System ist als Zwiebelprinzip bekannt. Andersherum funktioniert es nicht: Wer immer eine weitere Schicht weglässt, ist irgendwann nackt und das bedeutet leider nicht, dass es dann kühler ist. Wenn die Sonne direkt auf die Haut knallt, riskiert man nicht nur einen Sonnenbrand, sondern hat auch ein starkes Hitzeempfinden. Aber was ist dann die richtige Bekleidung an heißen Tagen?

Merinowolle, Leinen, Seide

Für den Alltag gibt es verschiedene Naturmaterialien, die für ihren kühlenden Effekt bekannt sind. Dazu zählen vor allem Leinen und Seide, aber auch die temperaturausgleichende Merinowolle. Weil Merino ein Drittel des Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen kann, hat man trotz Schwitzens lange kein nasses Gefühl auf der Haut und während die Wolle an der Umgebungsluft trocknet, entsteht Verdunstungskälte.

Merinowolle wird daher sehr gerne auch von Sportbekleidungsherstellern eingesetzt und ist bei Radfahrern beliebt. Insbesondere bei mäßig sportlichen Radtouren kann das Naturmaterial seine Vorteile ausspielen. Ein Extra-Plus sind die geruchshemmenden Eigenschaften von Merino, denn oftmals reicht gründliches Auslüften statt Auswaschen. Perfekt für den längeren Trip ohne Kontakt zu einer Waschmaschine …

Ausfahrten im Sommer sind herrlich, doch starke Hitze sollte nicht unterschätzt werden. Also: Ab in den Schatten!

Synthetische Stoffe mit Kühleffekt

Bei extrem schweißtreibenden Aktivitäten oder starker Hitze kommen Naturtextilien jedoch an ihre Grenze. Deshalb sind viele Bekleidungshersteller daran, synthetische Stoffe mit kühlender Wirkung zu entwickeln. Als Beispiele für solche Cooling-Technologien seien hier Chill-Tec von Odlo, transtex von Löffler sowie Polartec Delta genannt. Letztgenanntes wurde vom Premiumhersteller Polartec entwickelt, welcher sich auf innovative Textillösungen für jeden Anspruch und jedes Wetter spezialisiert hat. Polartec beliefert unter anderem das US-Militär, die Polster-Industrie sowie Marken aus dem Bereich Arbeitskleidung. Aber auch viele verschiedene Hersteller aus der Sportbranche setzen heute auf Polartec, so wie bei Sportbekleidung für den Sommer auf Polartec Delta.

Den Herstellern ist es gelungen, dass Körperwärme von der Haut an die sich bewegende Luft abgegeben wird und Verdunstungskälte entsteht. Dies wird mit luftdurchlässigen Textilkonstruktionen, Ventilationszonen und/oder zusätzlichem Finish ermöglicht. Andere Hersteller wie Cooline integrieren in Bekleidung Hightech-Vlies, das Wasser binden und speichern kann. Es wird aktiviert, in dem es mit Wasser getränkt wird, und verblüffenderweise kühlt das Material, ohne nass zu machen.

Obwohl es solche Bekleidung mit kühlenden Effekten schon länger gibt und stetig neue Entwicklungen dazukommen, liest man als generellen Tipp für Bekleidung an heißen Tagen vor allem etwas von hellen Kleidungsstücken, die sich angeblich nicht so schnell erhitzen.

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Dunkle versus helle Kleidung

Um an dieser Stelle direkt mit dem Mythos aufzuräumen: Es ist nicht pauschal so, dass man in dunkler Kleidung mehr schwitzt. Denn dunkle Textilien verhalten sich nicht wie beispielsweise dunkles Metall, das die Hitze tatsächlich stärker absorbiert. An einem sonnigen Tag kann es zwar sein, dass ein schwarzes Shirt für ein heißeres Mikroklima auf der Haut sorgen kann – dies liegt an der höheren Aufnahme von UV-Strahlung und damit einhergehender Erwärmung des Shirts. Ein helles Shirt reflektiert die Strahlung stärker, es kann sich also durchaus kühler anfühlen, zumindest zeitweise. Dafür gibt ein schwarzes Shirt aber langfristig Hitze auch besser wieder ab; auch die eigene Körperwärme, die ja während Aktivitäten im Sommer quasi durchgehend entsteht. Dann kann das dunkle Kleidungsstück sogar angenehmer sein als das helle. Dieser Effekt tritt aber interessanterweise nur dann ein, wenn genug Luft zwischen Haut und Stoff zirkulieren kann. Das entscheidende Kriterium bei Alltagskleidung für hohe Temperaturen ist also nicht die Farbe, sondern die luftige Passform.

Bereits in den 1980er Jahren konnten dies Wissenschaftler in der israelischen Negevwüste beweisen. Sie zeigten in ihrer Forschung, dass die traditionellen, langen Gewänder der Beduinen deutlich angenehmer – auch bei über 40 Grad Celsius – zu tragen sind als beispielsweise eine helle Militäruniform oder Shorts. Ob das Gewand schwarz oder weiß war, spielte beim Hitzeempfinden hingegen überhaupt keine Rolle, entscheidend war der lockere Sitz der Kleidung. Wenn Luft zirkulieren kann, entsteht nötige Abkühlung. Ein weiteres Plus in solchen heißen Gegenden ist außerdem der Sonnenschutz dunkler Kleidung. Denn, um es noch komplizierter zu machen: Ein weißes Shirt bietet am wenigsten UPF-Schutz – vor allem, wenn es aus sehr dünnem Stoff ist.

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Was denn nun anziehen?

Bei der Wahl der Kleidung für Aktivitäten im Hochsommer sollte also auf mehrere Aspekte geachtet werden: Dicht gewebte Stoffe sowie dunkle Textilien schützen stärker vor UV-Strahlung. Wer sehr dünne, helle Kleidung trägt, sollte also darunter zusätzlich Sonnencreme auftragen. Sowohl Naturstoffe als auch Synthetiktextilien können kühlende Effekte haben, teilweise müssen jedoch die Bedingungen passen. Bekleidung aus Naturmaterialien wie Baum- oder Merinowolle deshalb lieber luftig geschnitten als zu eng kaufen.

Bei hochfunktionalen Synthetikstoffen für den Sport kann auch enganliegende Bekleidung mit kühlender Wirkung überzeugen. Ausnahmen bestätigen die Regel: Auch Odlo beispielsweise verweist darauf, dass die Kühltechnologie Chill-Tec nur dann funktioniert, wenn ausreichend Luft zwischen Haut und Stoff gelangen kann, also die Bekleidung nicht zu eng aufliegt. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen und die Materialien gründlich zu checken – so kommt es zu keinem Fehlkauf und man kommt tatsächlich in den Genuss kühlender Kleidung.

Kühlende Kleidung und Accessoires für Radfahrer

Löffler Singlet Grid Transtex Light: Das luftige Strickdesign sorgt für eine hohe Luftzirkulation und einen angenehmen Cooling Effekt.

X-Bionic Cycling Short Sleeve Merino Jersey: Reguliert die Körpertemperatur und leitet Feuchtigkeit ab.

BUFF CoolNet UV Multifunktionstuch: schützt vor UV-Strahlung und hat eine kühlende Wirkung.

E.Cooline Powercool SX3 BandanaAir: Passt unter den Fahrradhelm: Dieses besondere Bandana ist mit dem Hightech-Fleece Cooline SX3-Technologie ausgestattet, welches sich unter dem Wasserhahn aktivieren lässt. Bei trockenem Gefühl wird der Kopf bis zu zehn Stunden gekühlt.

Odlo Zeroweight Chill-Tec Kurzarm-Radtrikot: ultraleichtes Trikot, dessen spezielles Chill-Tec-Material Wärme geschickt vom Körper ableitet.

Icebreaker Zoneknit T-Shirt: Eine spezielle Mesh-Konstruktion im Rücken- und unteren Vorderteil leitet Feuchtigkeit geschickt ab und ermöglicht dank Ventilation kühl zu bleiben. Die Materialmischung vorne nennt sich Cool-Lite.

H.A.D. Ultralight Cap: Atmungsaktiv, vor der Sonne schützend und im Stirnbereich mit Cool­tec Technologie ausgestattet.

Schöffel Montalcino: Das leichte Bike-Shirt ist mit Polartec Delta ausgestattet.

Kühlendes Handtuch von Fit Flip: Bietet bis zu zwei Stunden Erfrischung. Und das geht ganz einfach: Handtuch nass machen, auswringen, 1-2 mal kräftig ausschütteln. Dann um den Hals hängen oder auf dem Kopf tragen.

Columbia Zero Ice Cirro-Cool Short Sleeve Shirt: Die Outdoormarke Columbia hat eine eigene Kühltechnologie, nämlich Omni-Freeze Zero Ice entwickelt. Sie leitet Schweiß und Feuchtigkeit schnell vom Körper ab und sorgt so für Kühlung.

Cool bleiben!

Wer auf Tour Erfrischung sucht, kann sich auch mit kleinen Hilfsmitteln runterkühlen.

  • Einzelne Kleidungsstücke in Wasser tränken und direkt wieder anziehen
  • Kaltes Wasser über die Handgelenke laufen lassen
  • Getränke lauwarm statt eiskalt zu sich nehmen
  • Pausen im Schatten und/oder am Wasser
  • Ein ausgiebiger Stopp bei der Eisdiele
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