Fahrradfreundlichste Persönlichkeit: Schauspieler Hannes Jaenicke im Interview
Mann auf Mission
Fahrradfreundlichste Persönlichkeit: Schauspieler Hannes Jaenicke im Interview
in Persönlichkeiten
„Abwärts“ – der Thriller, in dem Hannes Jaenicke an der Seite von Götz George 1984 sein Filmdebüt gab. Abwärts ging es für den deutschamerikanischen Schauspieler seitdem indes nicht. Im Gegenteil: Seitdem ist der 57-Jährige vielmehr fester Bestandteil in deutschen Fernsehfilm- und Serienproduktionen, obendrein als Drehbuchautor sowie Sprecher von Hörbüchern tätig. Umfassend ausgefüllt ist er deshalb aber nicht. Seit mittlerweile zehn Jahren nutzt der Schauspieler seine Prominenz, um in Tier- und Umweltdokumentationen fürs Fernsehen die Öffentlichkeit für dringliche Themen wie Umwelt, Nachhaltigkeit und Schutz bedrohter Arten zu sensibilisieren. So berichtete Jaenicke schon über Orang-Utans auf Borneo, ganz aktuell etwa über vom Aussterben bedrohte Nashörner auf dem afrikanischen Kontinent. Zu einer reflektierten, (selbst)kritischeren Gesellschaft, die menschliche Individualität fördert, statt sie zu belächeln, möchte er mit seinem jüngsten Buch „Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche“, in dem er quasi Helden des Alltags als wertvolle Vorbilder präsentiert.
Hannes Jaenicke: Fahrradfreundlichste Persönlichkeit 2018
Für seine Verdienste um Natur und Umwelt ist Jaenicke bereits ausgezeichnet worden; jetzt hat man ihn als fahrradfreundlichste Persönlichkeit 2018 mit dem Deutschen Fahrradpreis geehrt. Jaenickes Radpassion rührt dabei aus wilderen Kindertagen. „Ich hab schon mit 12 Jahren mein Rad mit einem Lenker im Motorrad-Chopperstyle versehen, um daherzukommen wie Henry Fonda und Dennis Hopper in „Easy Rider“, kommentiert er. Heute sitzt er ruhiger, deutlich gemütlicher im Sattel. „Ich liebe alle Radtouren entlang von Gewässern und bitte ohne Hügel und Berge. Je flacher, desto besser!“, lässt er wissen. Auch von der perfekten Radtour hat er eine klare Vorstellung. „Ich würde gern mal in Belgien an der Schelde entlang in Richtung Meer fahren und, dort angekommen, fein essen“, führt er weiter aus. Befragt nach seinem bisher besten Radfahrerlebnis, erklärt ein schmunzelnder Hannes Jaenicke: „Das hab ich jedes Mal, wenn ich im Stadtverkehr feststelle, dass ich fast alle Autos, die mich überholen, an der nächsten Ampel wieder ein- oder sogar überhole.“
Vorbild ja, streng missionarisch nein
Anders als man vermuten könnte, liegt dem Botschafter des freundlichen Umgangs mit Umwelt und Menschen, wenig daran jeden Menschen zu missionieren. Das gilt auch fürs Radfahren, dessen gegenwärtigen Stellenwert Jaenicke realistisch einschätzt. „Den Deutschen ist ihr Auto, was den Indern die Kuh – da sind Diskussionen sinnlos.“ Überzeugte Automobilisten provoziert er maximal mit dem dezenten Hinweis, „dass Radfahren ja toll für die Gesundheit ist“. In Deutschland hat das Radfahren, nicht zuletzt dank der E-Bike-Welle, wieder an Popularität zugelegt. Aber wie steht’s um die Vélo-Akzeptanz in den USA, seinem Zweitwohnsitz? „In Kalifornien ist Radfahren unglaublich populär, vor allem in Los Angeles. Dort kurven unzählige Beachcruiser, Rennräder und Mountainbikes herum“, weiß er. Jaenicke selbst versucht, wo möglich, Vorbild zu sein, ernährt sich seit Jahren vegetarisch, kauft konsequent „Bio“ und fährt sein Fahrrad so oft das eben geht. Kann sich das vertragen mit seiner Begeisterung fürs Motorradfahren, Benzingeruch und lautes Motorengeknatter? Klares nein. Anderseits: Muss jeder in jedem Lebensaspekt stets das Richtige tun, um Veränderungen zu bewirken und glaubwürdig zu sein? Darf Veränderung nicht in Schritten passieren? Seine Benzinbegeisterung kennt jedoch Grenzen. Von protzigen SUV-Statussymbolen hält er nichts: „Vielleicht hört diese Pest irgendwann wieder auf.“ Aber wie schon jetzt den geschundenen Planeten bewahren? „Durch das bekannte ‚RRR‘ – reduce, reuse, recycle. Und meide Plastik, kaufe Fair-Trade- und Bio-Produkte“, empfiehlt er.
Spaß am klassischen Rad und E-Bikes
Apropos Antrieb per Motor: Wie denkt Jaenicke über E-Bikes, schon Erfahrungen gesammelt? „Ja, das Rad hatte ein Moped-Nummernschild und fuhr bis 70 km/h, so dass ich eigentlich einen Helm hätte tragen müssen. Großartig! Wenn ich ehrlich bin, finde ich E-Bikes mit zunehmenden Alter immer attraktiver.“ Viele Radkilometer, bekennt der 57-Jährige, lassen sich zudem nicht immer zwischen lange Drehtage und Reisen pressen. Stattdessen gilt’s, Flugreisen zu akzeptieren, die nicht gerade umweltfreundlich, für die Produktion seiner Dokumentarfilme aber notwendig sind. Auch zum Schrauben am eigenen Rad („hab ich früher begeistert gemacht“) und zu dessen Nutzung als Sportgerät fehlt oft die Zeit. Sein Fahrrad nutzt Jaenicke als „überaus praktisches Fortbewegungsmittel“, wozu er in Berlin und München auf je zwei Räder, je ein weiteres in Köln sowie Los Angeles zurückgreift. Fahrradfahren, das ist für den Vielbeschäftigten Entspannungswerkzeug. Sein Lieblingsrad? „Ein altes, klassisches Hollandrad, das im Keller meines Bruders in Köln steht.“ Hannes Jaenicke kommt rum in der Welt, hat er dabei seine Lieblings-Radfahrstadt schon gefunden? Die Antwort kommt prompt: „Amsterdam, wo ich gerade drei Monate gedreht habe – was für eine großartige Stadt!“