Micromobility Expo: Der richtige Ansatz
Micromobility Expo: Debatten um den Verkehr der Zukunft
Micromobility Expo: Der richtige Ansatz
in Events
Mit der Micromobility Expo hat die Messe Hannover einen wichtigen ersten Schritt unternommen. Sie will den Fokus der Öffentlichkeit beim Thema Verkehrswende weg vom E-Auto hin zu einer vielfältigen, kleinteiligen — und vor allem kleinen — Massenmobilität lenken. Das Kongress- und Vortragsangebot hat diesen Anspruch erfüllt. Für die Messe selbst hätten es durchaus mehr Aussteller sein können. Dabei hätte insbesondere der Publikumstag dazu beitragen können, spannende, alltagstaugliche Mobilitätslösungen der breiten Bevölkerung vorzustellen. Viele Anbieter haben diese Chance ungenutzt verstreichen lassen. Schade!
Micromobility Expo: Cargobikes, E-Scooter und E-Skateboards zum Ausprobieren
So blieb es bei einigen wenigen anschaulichen und praktisch auszuprobierenden Cargobikes, E-Scootern, Monowheels und E-Skateboards. Manche davon im Vorserienstadium und deshalb zur Micromobility Expo nur bedingt fahr- und alltagstauglich. Negativbeispiel gefällig? VW präsentierte sein Cargo-E-Trike vor, einmal in der starren, einmal in der Version mit Neigetechnik. Das Pedelec mit Continental-Antrieb war schlicht nicht fahrbar. Mehr zum VW-Pedelec lesen Sie hier. Es gab aber auch Positivbeispiele. Etwa die spannenden Heavy-Load-Transporter von A.N.T. und Citkar.
Forum ist sich einig: Der Mikromobilität gehört die Zukunft
Im Forum der Micromobility Expo herrschte Einigkeit: Der Mikromobilität gehöre die Zukunft. Das Auto habe ausgedient. Nicht komplett. Schließlich müsse es einen vernünftigen Verkehrsmix geben. In dem wird das Auto auch weiterhin seinen berechtigten Platz haben. Aber zumindest in den Innenstädten dürfe sich eine einzelne Person nicht mehr so einfach mit einem tonnenschweren Stahl- und Alukoloss bewegen und dazu noch einen kostenlosen Parkplatz fordern. Der aktuell genutzte Verkehrsraum müsse dafür neu verteilt werden.
E-Scooter: Technischer Rahmen ist klar
Ganz akut zeigt sich das an der Debatte um den E-Scooter. Viele Hersteller, etwa Urban Electric, Moovi und Go!Mate, warten nur darauf, endlich ihre Fahrzeuge auch ganz offiziell für den gesamten Verkehrsraum verkaufen zu können. Andere wie Metz haben bereits eine Straßenzulassung. „Wir gehen davon aus, dass die technischen Voraussetzungen in der Kleinstfahrzeugeverordnung so umgesetzt werden“, sagt etwa Moovi-Macher Michael Käse, der auf der Micromobility Expo den leichten E-Scooter präsentierte. Eine Zulassung seines Scooters sei daher eine reine Formsache.
Micromobility Expo: Debatte um Scooter wird von der politischen Dynamik überholt
In der aktuellen Debatte im Bundesrat ginge es nur darum, wo welche Art des Rollers fahren dürfe. Der technische Rahmen sei abgesteckt. Aber genau das — also wo die Scooter fahren dürfen — könnte erheblichen Einfluss auf die Attraktivität dieser Verkehrsmittel haben, sagten die Forenteilnehmer auf der Micromobility Expo. Frankreich etwa plant, E-Scooter von Gehwegen zu verbannen, schreibt der Spiegel. Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will die Scooter nun doch nicht auf Fußwegen in Deutschland zulassen.
Vor allem Ältere sehen E-Scooter skeptisch
In Deutschland fordern nicht wenige, die Roller ganz zu verbieten. Einer aktuellen Umfrage von Bitcom zufolge fordert das der überwältigende Teil der deutschen Senioren. Jüngere sind dem E-Tretroller aufgeschlossener. Florian Walberg, Gründer von Urban Electric, hingegen wünscht sich wenig Regulierung. „Die Welt sieht Deutschland heute schon als Technologiemuseum. Durch Debatten über die Verkehrssicherheit verschlafen wir die Innovation“, so der Hamburger, der seit knapp 20 Jahren E-Scooter entwickelt und inzwischen erfolgreich verkauft, während der Micromobility Expo. Der Ruf nach einem Verbot der Scooter wirke auf ihn wie die Forderung, keine schnellen Computer mehr zu bauen, weil die Datenleitungen in Deutschland nicht genügen Highspeedinternet bereit stellten.
Bullerdiek: „Es wird zu Unfällen kommen. Wie bei Autos, Fahrrädern und Fußgängern auch“
Thorsten Bullerdiek vom Norddeutschen Städte- und Gemeindebund springt in der Diskussion auf der Micromobility Expo Walberg bei. „Ja, es wird zu schweren Unfällen kommen. Und ja, es werden mutmaßlich auch Menschen bei Unfällen mit den E-Scootern getötet. Es verunglücken aber auch Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger.“ Für die Kommunen, die am Ende die Rahmen für alle Verkehrsteilnehmer schüfen, sei wichtig, dass neue, auf den jeweiligen Ort zugeschnittene Konzepte nicht im Bürokratiesumpf untergingen. Denn auch das sei Realität: Dort, wo Verkehrsmittel stark genutzt werden, sinke die Zahl schwerer Unfälle. „Das zeigt schon ein kurzer Blick auf die Fahrrad-Unfallstatistik etwa in den Niederlanden.“
Fozzy Moritz: „Deutschland kann internationale Standards setzen“
Professor Eckehard Fozzy Moritz von der Münchener Innovationsmanufaktur ist überzeugt, dass Deutschland internationale Standards setzen könnte — sofern hierzulande ein ansprechender Rahmen für entsprechende Innovationen geschaffen würde. „Und das geht garantiert nicht über Verbote“, sagt er während seines Vortrags auf der Micromobility Expo. Der Markt in Deutschland sei wegweisend für viele andere Länder. „Wenn nachvollziehbare, simple Regeln eingeführt werden, die Spielraum für Fortentwicklung lassen, wird sich alles, was hierzulande entwickelt wird, als Standard durchsetzen. Denn der Absatzmarkt hier ist so groß, dass sich Hersteller nicht erlauben können, uns links liegen zu lassen.“ Es gebe aber eine Schwelle, die dürfe nicht überschritten werden: Wenn sich die Entwicklungskosten aufgrund der hohen Hürden nicht gegenfinanzieren ließen.
Vernünftige Umwidmung der gesamten Verkehrsfläche ist zwingend geboten
Doch nicht nur die Fahrzeugentwicklung war Thema auf der Micromobility Expo. Vor allem müsse die Infrastruktur mit der Entwicklung mithalten. Eine vernünftige Umwidmung des gesamten Verkehrsraums städtisch und ländlich und die dazu nötigen gesetzlichen Rahmen und Förderungen müssten schnell umgesetzt werden. Radschnellwege etwa für Pendler vom Vorort in die Innenstädte, dort ein dichtes ÖPNV-Netz sowie etrennte Spuren für Autos, Radfahrer und Fußgänger seien eminent wichtig, um nicht nur den Verkehrsinfarkt zu vermeiden. Auch die Luftqualität und somit die Menschen profitierten von mehr Mikromobilität.
Nächste Micromobility Expo im Mai 2020
Die Deutsche Messe Hannover plant die nächste Ausgabe der Micromobility Expo für Mitte Mai 2020. Dann hoffentlich mit noch mehr Ausstellern.