BMW: Exklusive Einblicke in die E-Bike-Studie zum i Vision Amby
i Vision Amby: BMW gewährt exklusive Einblicke in E-Bike-Studie
BMW: Exklusive Einblicke in die E-Bike-Studie zum i Vision Amby
in Hintergrund
BMW verfolgt mit dem Amby eine revolutionäre Idee. Warum sollte ein E-Bike nicht gleichzeitig normales Fahrrad, S-Pedelec und E-Motorrad mit Pedalunterstützung sein?
Das Amby, für Adaptive Mobility stehend, kann genau das. Je nach Stufe fährt es mit Motorunterstützung maximal 25, 45 oder 60 Stundenkilometer schnell. Es soll über einen bis zu 2000 Wattstunden großen Akku verfügen und maximal 30 Kilogramm wiegen.
BMW i Vision Amby: Exklusive Einblicke
So ließe sich das Rad über Land, im Stadtverkehr und auf Radwegen nutzen. Pendler wären nicht mehr aufs Auto oder umständliche Umsteigeverbindungen angewiesen – eine Vision pro Individualverkehr. Die Idee ist nicht neu.
Canyon etwa verfolgt bereits seit 2020 mit seinem Future Mobility Concept diese Idee der abgestuften Fahrmodi. Das zweispurige Konzept ist technisch durchentwickelt, aber noch nicht final aufgebaut. Das Amby hingegen ist bereits fahrfertig.
Wir haben es im Forschungs- und Innovationszentrum des Münchener Autobauers ausgiebig getestet.
Fahrzeit ist der entscheidende Faktor
„Wir sehen Zeit beim Pendeln als entscheidenden Faktor an“, sagt Werner Haumayr, Leiter BMW-Group Designkonzeption. Strecken über 15 Kilometer nehme nur noch ein echter Enthusiast mit dem Fahrrad in Kauf. Auch öffentliche Verkehrsmittel gerieten ab dieser Entfernung schnell in Nachteil verglichen zum Auto. „Dabei wäre es doch eigentlich echt cool, wenn man nicht mehr jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit fährt“, so Haumayr.
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Der erste Schritt war, eine solche Strecke mit dem S-Pedelec, also unterstützt bis 45 km/h, zu testen. Schnell sei Haumayr dabei aber an Grenzen gestoßen. Denn jeder Park, jeder gut ausgebaute Feldweg ist für das S-Pedelec rechtlich tabu. Dabei wäre es ideal, zuerst Straße, dann durch eine Parkanlage am Stau vorbei auf einem Radweg, wieder auf der Straße und erneut auf dem Radweg zu fahren.
Rechtlich aber ist dieser Wechsel mit allem, was schneller als 25 fährt, verboten. Das Amby hinterfragt ganz bewusst diese rechtliche Grenze. Es zeigt, was möglich ist. „Durch die wechselnden Modalitäten hast Du auch auf längeren Wegen Spaß an der Strecke“, sagt Haumayr. Das sei wichtig, um die Motivation hoch zu halten.
„Aber was brauchst Du dafür? Wechselnde Kennzeichen bis hin zu keinem Kennzeichen, wechselnde Geschwindigkeiten und verschiedene Lizenzen.“ Das gelte es zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
Geofencing definiert das Tempo
Am Amby lassen sich die verschiedenen Fahrmodi über einen einfachen Daumenschalter einstellen. So kann der Fahrer zwischen den Höchstgeschwindigkeiten 25, 45 und 60 km/h auswählen. Das Ganze könnte aber auch automatisiert passieren. Durch Geofencing ließen sich verschiedene Geschwindigkeitszonen definieren.
Fährt das Amby in eine Pedelec-Zone, wird die Unterstützungsgrenze automatisch auf 25 km/h gesetzt. Auf einer Landstraße wird das Rad bis 60-km/h freigeschaltet, Innerorts dann auf die 45-km/h-Stufe reguliert. Um nach außen – etwa für Verkehrskontrollen – zu verdeutlichen, in welchem Modus das Amby unterwegs ist, arbeitet BMW mit einem Display am Heck des Bikes.
Dort ließe sich entweder die aktuell gewählte Höchstgeschwindigkeit oder das dazu erforderliche Versicherungskennzeichen einblenden. Ein weiterer Vorteil laut Haumayr: Das Bike könne von mehreren Familienmitgliedern genutzt werden.
Steige nun etwa die 14-jährige Tochter aufs Rad, sei automatisch ausschließlich der 25-km/h-Modus aktiviert. Nur mit dem entsprechenden Führerschein ließen sich die schnelleren Modi entsperren. Aktuell ist ein solches System nicht zulassungsfähig.
Genauso wenig wie ein S-Pedelec-Fahrer mit seinem Bike selbst bei angepasster Geschwindigkeit auf dem Radweg oder im Park fahren darf, ist rechtlich eine solche technische Beschränkung erlaubt.
Abkehr von veralteten Regeln
BMW sehe es nicht als Widerspruch, als Autobauer in Richtung Fahrrad zu denken. „Wir sind ein Mobilitätsunternehmen, das permanent Grenzen überschreitet und versucht, Diskussionen anzuregen.“ Dazu habe sich BMW weltweit umgesehen.
Shanghai, San Francisco, die Schweiz seien schon heute echte Fahrradregionen. Bergiges Umland spreche klar für den E-Antrieb. Dabei sei es vollkommen unlogisch, „dass wir uns in einer Art und Weise wie vor 50 Jahren selbst reglementieren“. Gerade die Städte seien im Wandel.
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Das Fahrrad bekomme mehr und mehr Raum. Da aber nicht jeder allein mit Muskelkraft unterwegs sein wolle und könne, sei das elektrisch unterstützte Fahrrad so attraktiv – auch für BMW. Das wolle der Autobauer erfahrbar machen. Das Amby soll nicht nur Debatten anregen.
Unverkennbare Motorrad-Gene
Tatsächlich ist das Bike voll fahrbereit. Geometrie, Haptik und Technik seien in einer weit fortgeschrittenen Phase der Entwicklung. Ebenso das Design, das Haumayr für sehr wichtig hält. „Wir sind BMW. Deswegen muss das Amby schon mal richtig cool ausschauen.“
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Die Lichtanlage etwa ist nicht nur funktionell und sicher, sondern auch ins Design integriert. Die Bremse stammt von einem renommierten Fahrradkomponenten-Hersteller, sei aber komplett im Haus überarbeitet worden.
Andere Teile, etwa der Motor, seien noch nicht serienreif. Denn das Modell, das genug Kraft für bis zu 60 Stundenkilometer bietet und über ein integriertes Getriebe verfügt, ist noch nicht lieferbar. Im Vorführ-Amby arbeitet daher ein Shimano-Motor.
Bei der kleinen Testfahrt auf dem BMW-Gelände sind nur maximal 25 km/h möglich. Nach der kurzen Einführung durch Design-Technik-Ingenieur Raphael Eltrop wirkt das Rad beim Anfahren schwerfällig. Trotzdem beschleunigt es behänd auf mehr als 20 Stundenkilometer.
BMW i Vision Amby: Erstaunlich leichtfüßig
Erst dann merken wir, dass der Motor noch gar nicht eingeschaltet ist. Für ein gut 30 Kilogramm schweres E-Bike ist es also erstaunlich leichtfüßig. Mit Motor zeigt sich das Bike sehr spurstabil. Das Einlenkverhalten unterstreicht die Nähe des Amby zum Motorrad: Es will aktiv in die Kurve bewegt werden.
Die Federung spricht gut an, auch die Einarmschwinge am Heck ist ein Fingerzeig Richtung Motorrad. Grenzen lassen sich auf der ebenen Betonfläche natürlich nicht ausreizen. Das Amby lässt aber keinen Zweifel: BMW hat ein vollwertiges Fahrzeug gebaut, das weit mehr ist als eine simple Designstudie.
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Damit ließen sich bereits erste Feldversuche realisieren. „Dafür suchen wir nun weltweit Pilot-Städte, die einen solchen Versuch mit uns starten wollen“, sagt Haumayr. Parallel liefen Gespräche mit Politikern, um ein Bewusstsein für die Idee hinter dem Amby zu schaffen. Positiver Lobbyismus für neue Wege in der Verkehrspolitik sozusagen.
BMW braucht langen Atem
Bis diese Realität werden, dürfte es noch lange dauern. Die Mühlen in Berlin mahlen langsam. Da ist sich auch Haumayr sicher. Trotzdem sei BMW überzeugt von dem Projekt. Ob der Autobauer das Amby irgendwann einmal selbst baut, ist dabei längst nicht sicher.
Es sei durchaus möglich, dass BMW die Serienproduktion aus der eignen Hand gebe. Design und Technik jedenfalls stehen bereit. Jetzt ist die Politik am Zug.
Im Interview: Leiter Designkonzeption der BMW Group Werner Haumayr
Was BMW seit 2018 hinter verschlossenen Türen austüftelte, wurde im September 2021 auf der IAA Mobility in München der Weltöffentlichkeit präsentiert. Die Designkonzeptionisten des bayerischen Autoherstellers haben mit dem Amby eine E-Bike-Studie fahrbereit veranschaulicht, die den Gesetzgeber in Zugzwang bringen soll. Ein Gespräch mit Projektleiter Werner Haumayr.
Herr Haumayr, wenn ein Autohersteller Ihrer Größenordnung ankündigt, nun auch auf dem E-Bike-Markt aktiv zu werden, lässt das aufhorchen. Wie kommt es, dass BMW plötzlich Fahrräder bauen will?
Unser Ziel ist es, Anbieter von jeglichen Facetten der Mobilität zu sein. Nicht nur von Autos. In dem Geiste sind wir schon immer fortschrittlich gewesen. Wir loten Grenzen des Machbaren aus, testen das Mögliche und das, was Menschen individuell mobil hält. Vieles davon sieht die Öffentlichkeit gar nicht. Das Amby ist ein Angebot an Regulatorik sowie Politik. Es soll eine Diskussionsanregung dafür sein, wie Mobilität in Zukunft sinnvoll ist.
Inwieweit spielt dabei auch eine Rolle, dass Elektromobilität gemeinhin klimafreundlicher als die mit Verbrennermotoren wahrgenommen wird?
Wir als BMW Group haben den Anspruch, Mobilität stets ganzheitlich und vor allem innovativ zu betrachten. Wir committen uns zu einhundert Prozent zur Zirkularität. Heißt: Die Reduktion von CO2 und Schonung der Ressourcen spielt bei all unseren Ansätzen eine zentrale Rolle. Es steht doch außer Frage, dass alle Konzerne ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Industrie leisten müssen. Wir haben die Vorgaben und politischen Zielen bislang ohnehin immer schon früher erfüllt. Unsere Fahrzeug-Produktion speist sich im Jahr 2022 bereits fast vollständig aus regenerativen Energien.
BMW i Vision Amby: Spaß und Erlebnis im Vordergrund
Nehmen Sie uns mal mit in die Anfänge 2018, als das futuristische High-Speed-Pedelec in der Designkonzeption des BMW Forschungs- und Innovationszentrums Stück für Stück entstanden ist.
Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, was Mobilität von A nach B grundsätzlich ist und vor allem: wie sie Spaß macht und zum Erlebnis wird. Ich selbst bin ein Fahrrad-Nerd und vorrangig auf Langstrecken unterwegs. Für viele sind 25 Kilometer zur Arbeit aber zu lang – mit einem E-Bike dauert es schlussendlich ja auch mindestens eine Stunde. Wechselt man auf so einer Distanz währenddessen zwischen den Modalitäten, also 45 km/h auf der Straße oder 60 km/h außerorts, macht die Strecke mehr Spaß und man spart Zeit. Die Grenzen müssen fließen – mit ein und demselbem Gefährt. Und die Reglementierungen hierfür geöffnet werden. Es gibt zahlreiche gute Beispiele dazu aus anderen Bereichen des Alltags.
Aus welchen beispielsweise?
Übertragen wir die Denke der Mobilitätsauf die Handywelt, hätte heute jeder von uns die Taschen voll mit elektronischen Geräten. Telefon, Kamera, Display, App-Store – alles separat. Das wäre völliger Irrsinn. Daher wäre es doch cool, wenn man Dinge, die woanders funktionieren, diskutiert und diese auf andere Welten adaptieren würde.
BMW: Gespräche mit Experten aus dem Komponentenbereich
Nun sitzen wir nicht zum ersten Mal bei einem Automobilhersteller, der ein derartiges Konzept der Öffentlichkeit präsentiert. Bis heute hat sich keines davon wirklich durchgesetzt. Was macht die BMW Group mit ihrem Amby anders?
Wir meinen es auf jeden Fall ernst, die Diskussion über Möglichkeiten einer zukünftigen Mobilität zu führen. Angefangen von Material- und Beschriftungsentwürfen, arbeiten wir von Beginn an eng mit unseren Motorraddesignern zusammen. Bei Themen wie Griffhaltung, Lenkerbreite oder besonderer Rahmengeometrie haben wir Schleifen gedreht, die sich das eine oder andere Unternehmen gar nicht leisten kann. Auch, weil es die Systeme und Technologien nicht zur Verfügung hat. Vieles wurde durchdacht, um beispielsweise das Federverhältnis, Ansprechverhalten oder neutrale Wippverhalten beim Gasgeben perfekt zu berechnen. Wir haben viele Gespräche mit Experten aus dem Komponentenbereich geführt. Die gesamte Intelligenz, die wir bezüglich Connectivity in unseren Autos verbauen, steckt auch im Amby drin. Sie sehen also, wir haben eine ganze Menge Aufwand betrieben.
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… der sich am Ende auch in einer besonderen Optik widerspiegeln soll?
Natürlich ist der Anspruch von BMW, dass es cool und auf besondere Art ästhetisch aussieht. Unsere Botschaft an den Kunden: Du holst dir etwas, mit dem du dich sehen lassen kannst. Vor allem muss es aber glaubwürdig stabil und demnach sicher sein. Hier kamen wieder unsere Motorraddesigner mit ihrer Expertise ins Spiel. Auch optisch wollen wir mit dem Amby ein perfektes Statement in Bezug auf adaptive und nachhaltige Mobilität setzen.
i Vision Amby: Vorstellung auf der IAA 2021
Werfen wir abschließend einen Blick in die nahe Zukunft. Wie sieht der konkrete Zeitplan von BMW aus?
Im ersten Schritt haben wir uns Patente und Gebrauchsmuster gesichert. Im zweiten bauen unsere Kollegen Kontakte zur Politik und zu Förderprogrammen auf und befinden sich derzeit in Gesprächen. Erste vielversprechende Dialoge konnten wir bereits am Rande der IAA im vergangenen September führen. Aber ich bin schon Realist:
Nur mit einem schönen Objekt, das auf einer Messe im Scheinwerferlicht stand, nimmst du nicht alle dabei mit, Regeln und Gesetze zu verändern. Es braucht Beweise und Lerneffekte aus der Praxis. Wir wollen Daten sammeln. Und sehen, was dabei rauskommt, wenn zum Beispiel 5000 Pendler oder Familien auf der ganzen Welt verteilt
etwa 24 Monate mit dem Amby unterwegs sind.
Inwieweit hat Ihnen die große Aufmerksamkeit bei der IAA Mobility 2021 dabei schon geholfen?
Ehrlich gesagt: Ich dachte, die Resonanz würde noch stärker sein. Ich bin der Überzeugung, dass sowohl die Industrie auf die Regulatorik als auch umgekehrt zugehen sollte. Wir wollen die Chancen diskutieren. Ein konkretes Angebot haben wir vergangenen September bereits präsentiert.
Das, um dem Amby abschließend noch einen Erschwinglichkeitsrahmen zu geben, sich in welcher Preisspanne für den Endkunden bewegen wird?
Konkrete Aussagen zum Preis können wir aktuelle leider noch nicht treffen. Wir sind mit allen Stakeholdern in Gesprächen, um unseren Kunden letztendlich ein faires Preisangebot machen zu können. Lassen wir uns ein wenig überraschen.