Safety 4 Bikes Forschungsprojekt: Mehr Sicherheit für Kinder
Safety 4 Bikes: Sensoren für Kinder
Safety 4 Bikes Forschungsprojekt: Mehr Sicherheit für Kinder
in Hintergrund
Die Kosten des Forschungsvorhabens beliefen sich auf 2,5 Millionen Euro, 76 Prozent davon entfielen auf die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die beteiligten Projektpartner waren Geomobile (Dortmund), wo auch die Koordination lag, die Carl von Ossietzky Universität (Oldenburg), die Gesellschaft für empirische soziologische Forschung (Nürnberg), OFFIS e. V. (Oldenburg), Uvex Sports Group (Fürth), die Universität Paderborn, Valtech (Düsseldorf) und Pfau-Tec (Quakenbrück).
Safety 4 Bikes – worum gehts?
Das Projekt Safety 4 Bikes wurde Anfang 2017 gestartet und Ende 2019 abgeschlossen und die Ergebnisse vorgelegt, wobei einige Partner das Projekt verlängern wollen, um zu weiteren Erkenntnissen zu gelangen. Ausgangspunkt war im Grunde die Hypothese, Assistenzsysteme könnten Fahrradunfälle vermeiden helfen, insbesondere bei Risikogruppen – die es zu identifizieren galt, um das Forschungsprojekt auf eine bestimmte Gruppe zu fokussieren.
Dabei landete man rasch bei Kindern. Die Auswertung von Unfallzahlen ergab, dass innerhalb der Gruppe der Kinder die 10- bis 14-Jährigen am stärksten von Verkehrsunfällen betroffen sind. Unfälle als Fahrradfahrer machen dabei den größten Teil aus. 2015 wurden 17 Kinder als Fahrradfahrer getötet, 1.165 schwer und 7.891 leicht verletzt, eine gewisse Dunkelziffer ist auch zu erwarten. Dass diese Alterskohorte besonders gefährdet ist, ist plausibel, da jüngere Kinder teilweise noch auf dem Gehweg fahren und die Nutzungshäufigkeit mit dem Alter wahrscheinlich ansteigt.
Kinder und Senioren besonders in Gefahr
Zu den Unfällen der Kinder trägt auch deren eigenes Fehlverhalten bei; Stichworte sind falsche Straßenbenutzung sowie Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren. Eine prototypische Konfliktsituation mit dem Kind als Hauptunfallverursacher ist das Nichtbeachten der Kfz-Vorfahrt an einer Kreuzung und beim Queren einer Straße, aber auch mit dem Kfz-Fahrer als Hauptunfallverursacher ist der Kreuzungsbereich der eindeutige Hotspot.
Untersucht wurde zudem die Gruppe der als Radfahrer verunglückten Senioren. Dort finden wir die gleichen Szenarios, nur mit einem deutlichen Schwerpunkt bei Unfällen innerorts. Außerdem verunglücken Menschen ab 75 besonders häufig. Letztlich entschied die Projektgruppe von Safety 4 Bikes, sich in der Entwicklung des Assistenzsystems auf die Gruppe der Kinder zu fokussieren, aber ein Assistenzsystem, das auf der Basis dieses Forschungsprojekts zur Serienreife gebracht würde, ließe sich auch von Senioren gut nutzen. Denn der Nutzen des Assistenzsystems besteht darin, Gefahren rechtzeitig zu erkennen, die der Verkehrsteilnehmer übersieht, ihn zu warnen und notfalls dosiert einzugreifen.
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Kompetenzen im Straßenverkehr fördern
Das System, so die Anforderung, müsse in der konkreten Situation Informationen für Kinder verständlich aufbereiten und vermitteln. Fahrradfahren sei an sich schon eine kognitiv und körperlich anspruchsvolle Tätigkeit, sagen die Forscher, und Kinder seien meist nicht multitaskingfähig und daher stark fokussiert auf eine Aufgabe – manchmal die falsche. Übrigens wollen die Projektpartner nicht erreichen, dass sich das Kind zu sehr auf das Assistenzsystem verlässt und seine eigene Aufmerksamkeit eher nachlässt. Im Gegenteil, die Kompetenz zur Teilnahme am Straßenverkehr soll gefördert werden, die Sensorik nur helfen, akute Gefahrensituationen zu erkennen – und das Kind sensibilisieren.
Fehler an der Kreuzung entschärft
Die Technik dafür soll am Fahrrad und im Fahrradhelm untergebracht werden. Das Kind nähert sich beispielsweise einer Kreuzung, wo es keine Vorfahrt hat, und bremst nicht ab, obwohl aus der Querstraße ein Auto kommt. Das System erfasst das Auto und schickt dem Kind zunächst einen Vibrationsalarm über die Lenkergriffe. Reagiert das Kind darauf nicht, wird zusätzlich eine blinkende Lichtanzeige am Helm aktiviert. Erst wenn alle Signale ignoriert werden, greift der Bremsassistent ein und sorgt für eine zunächst sanfte Verzögerung. Grundlage der Assistenzsysteme ist, dass nicht nur Fahrräder, sondern auch Autos und Lastwagen mit GPS-Sensoren versehen sind und über ein drahtloses Netzwerk miteinander kommunizieren, das auf internationalen WLAN-Standards basiert.
Weiterhin gibt das System ein Signal an das Kind, wenn es beim Abbiegen das Handzeichen vergessen hat, und erinnert es daran, an der nächsten Kreuzung daran zu denken. Serienreif umgesetzt werden kann dieses Projekt aber nur mit Hilfe eines Investors.
App als Teil des Assistenzsystems
Ergänzend wurde eine App entwickelt, die besonders kindgerecht gestaltet wurde. Dazu gehört ein Navigationssystem mit akustischen Abbiegehinweisen. Wichtiger ist die Auswertung der Fahrt, nachdem sie beendet wurde. Dabei wird auch auf Fahrfehler hingewiesen und man kann sich bewerten lassen: je weniger Fehler, desto mehr Punkte. So wird auf spielerische Weise der Ehrgeiz der Kinder geweckt, sich im Straßenverkehr so korrekt und sicher wie möglich zu bewegen.
Partnerbeiträge für Safety 4 Bikes
Geomobile: Außer dem Beitrag zu einer kindgerechten App als Teil des Assistenzsystems und der Datenaufbereitung von Gefahrenstellen und Unfallschwerpunkten lag auch die Koordination des Projekts bei dem Dortmunder Unternehmen.
Offis machte es sich zur Aufgabe, Aktuatoren (antriebstechnische Baueinheiten, die ein elektrisches Signal in mechanische Bewegungen oder Veränderungen umsetzen) in Fahrrad und Helm zu integrieren und das Interaktionsdesign für Verhaltenserinnerungen, Warnungen und Navigationshinweise nutzerzentriert und iterativ (wiederholend) zu bearbeiten. Offis sorgte für die Instrumentierung der Fahrradhelme und die periphere Darstellung von Hinweisen durch Licht und Akustik.
Pfau-Tec in Quakenbrück entwickelt und produziert Therapiefahrräder und Spezialdreiräder (siehe RadMarkt 12/2019). Das Unternehmen stellte Fahrzeugen für die Entwicklung der Demonstratoren bei und war beteiligt an der Entwicklung eines elektronischen Bremsassistenten.
Universität Paderborn: Von dort kam die Funkkommunikation nach europäischem Standard inklusive Hard- und Software zur Umsetzung. Weiterhin wurden gefährliche Situationen simuliert – ohne Feldversuche mit »echten« Beinahe-Kollisionen.
Außerdem erarbeiteten Nutzerprofile von Kindern und älteren Fahrradfahrern unter Einbeziehung von sensorischen und motorischen Voraussetzungen, Leistungszuwachs und -abbau, Kognition, Persönlichkeit und Emotionen. Die Paderborner entwickelten auch die App für Safety 4 Bikes.
Uvex war nicht nur an der Entwicklung des interaktiven Helms beteiligt, sondern auch an der Entwicklung einer kommunikationsfähigen Bügelbrille. Dabei soll vermieden werden, dass sich das Auge auf ein Display fixieren muss. Dem Nutzer sollen Informationen aus der App gezeigt werden. Einen Helm mit Notfall-Dektektierung und SMS mit GPS-Daten an eine vordefinierte Rufnummer stellte Uvex auf der vorigen Eurobike vor. Bei der Helm-Brille-Systemintegration sollen Fahrtrichtungsanzeige, Beleuchtung, Rückkamera, elektronisches Schloss et cetera integriert werden.
Valtech Mobility ist ein 2018 von Valtech und Audi gegründetes Joint Venture. Weltweit ist die Mutterfirma in 16 Ländern an 37 Standorten mit über 2.500 Mitarbeitern tätig. Aktiv ist Valtech Mobility in den Themenfeldern Connectivity, E-Mobility, Infotainment, Telematik, Big Data, Elektromobilität, autonomes Fahren und vernetzte Plattformen. Valtechs Beitrag zum Projekt besteht im Warnen des Autofahrers vor Gefahrensituationen mit anderen Verkehrsteilnehmern mithilfe der Car2X-Kommunikation und weitergehenden Umsetzungen.