Thorsten Schröder im Interview über seine Leidenschaft fürs Fahrrad
Tagesschau-Sprecher Thorsten Schröder: Zwei Leben
Thorsten Schröder im Interview über seine Leidenschaft fürs Fahrrad
in Persönlichkeiten
10 Stunden, 56 Minuten – mit beeindruckender Zeit läuft Thorsten Schröder Mitte Oktober 2017 in einem befreienden Jubelschrei durch den Zielbogen des Ironman Hawaii, der Triathlon-Weltmeisterschaft auf Hawaii. Ein schöner, starker Kontrast zu dem Thorsten Schröder, den der Hamburger in seiner Funktion als Tagesschau-Sprecher in der ARD sonst sein muss: aufrecht stehend, ruhig und ernsthaft die Nachrichten des Tages verlesend. So kennt das deutsche Fernsehpublikum Nachrichtensprecher und Journalist Thorsten Schröder.
Als ambitionierten Triathleten kannte man ihn bis zu seiner erfolgreichen Qualifikation für die brachiale Triathlon-Langdistanz – 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren, 42 km Laufen – und seine erfolgreiche Teilnahme beim Ironman Hawaii nicht unbedingt.
Thorsten Schröder: Leidenschaft Fahrrad und Triathlon
Tatsächlich erlebt der Hamburger seinen persönlichen Nervenkitzel und Ausgleich zum anspruchsvollen Berufsalltag schon lange im Radsattel. Als entspannter Radreisender durch die Welt, über die er sonst berichtet und als Triathlet, der es gern eilig hat. Die erste Sportpassion von Thorsten Schröder ließ sich auf seinem Läuferoutfit beim Ironman Hawaii, der Weltmeisterschaft der Triathleten, ablesen. „St. Pauli“ stand dort; der begeisterte Fußballer Schröder ist Fan des Fußballclubs und in der Triathlonabteilung des Vereins.
Die Radbegeisterung von Thorsten Schröder wurzelt tief: Seit 20 Jahren bestreitet er Triathlonwettkämpfe, fährt Radrennen. Jenseits dieser sportlichen Fahrrad-Affinität, ist das Rad für den 50-Jährigen Werkzeug, die Welt zu erkunden, den eigenen Horizont zu erweitern.
In entlegene Winkel der Erde hat ihn seine Sehnsucht nach räumlicher Veränderung und Abenteuer mehrfach geführt. Seine Radreiseerfahrungen hat Schröder bereits 2010 in seinem Buch „Kontrastprogramm – Mittendrin statt nur berichten“ verarbeitet. Und wer ihn, windschnittig und voll austrainiert, über seinen Straßenrenner gebeugt sieht, ahnt, dass ihm die Fahrradabenteuer so schnell nicht ausgehen dürften.
Thorsten Schröder im Interview
aktiv Radfahren: Den Ironman Hawaii 2018 hat der Deutsche Patrick Lange mit einer Fabelzeit von unter acht Stunden gewonnen – haben Sie mitgefiebert?
Thorsten Schröder: Mitfiebern mit Patrick Lange war ja fast nicht nötig, denn er hat von Anfang an ein grandioses Rennen abgeliefert, so dass sich sein Erfolg recht früh abgezeichnet hat. Schon nach wenigen Laufkilometern war fast klar, dass ihn unter normalen Umständen nichts mehr aufhalten kann auf dem Weg zum Sieg und neuen Streckenrekord. Eine große Leistung! Ich habe natürlich sehr intensiv zurückgedacht an meine tolle Zeit auf Hawaii und vor lauter Wehmut beim Start des Rennens sehr gelitten, wäre gerne wieder dabei gewesen.
Sie kennen die körperlichen Strapazen des Ironman aus eigenem Erleben. Welchen Gefühlszustand durchlebt man beim Überqueren der Ziellinie des Ironman Hawaii?
Thorsten Schröder: Ins Ziel zu laufen, war pure Euphorie, pures Glück: Alle vorherigen Leiden waren vergessen, selbst der für mich superharte Marathon. Beim Zieleinlauf hatte sich ein Kreis geschlossen: Genau ein Jahr zuvor hatte ich mit dem Training speziell für die Hawaii-Quali begonnen, dann drei Trainingslager absolviert und in der Hochphase 20 Stunden pro Woche trainiert, um mich für die Weltmeisterschaften zu qualifizieren. Das Rennen auf Hawaii war die absolute Krönung.
Triathlon als Grenzerfahrung
Was hat Ihnen Ihre erfolgreiche Teilnahme an der Ironman-WM Hawaii 2017 gegeben?
Thorsten Schröder: Ich habe in diesem Jahr viel bekommen: die Einsicht, dass sich großer Einsatz lohnen kann. Zudem hab ich auf der tollen Reise viele nette Menschen kennengelernt. Dabei habe ich diverse Gefühlswelten durchlebt, von sehr betrübt bis himmelhoch jauchzend. Zu guter Letzt durfte ich in nicht mehr ganz so jungen Jahren einen unerwarteten sportlichen Höhepunkt erleben. Das ist sehr viel!
Kommt eine Triathlon-Langdistanz einer Grenzerfahrung gleich?
Thorsten Schröder: Eine Triathlon-Langdistanz ist eine besondere Herausforderung: Du trainierst neun Monate für diesen einen Tag, investierst in der Trainingsphase sehr viel Zeit und Energie. Dann kommt endlich der große Tag, an dem punktgenau alles passen sollte. Du stehst mitten in der Nacht um 04:00 Uhr auf, hast kaum geschlafen und sollst 226 Kilometer aus eigener Kraft zurücklegen. Du weißt aber nicht, ob dich eine Panne bremst und du deine Kräfte richtig einteilen kannst. Eigentlich purer Wahnsinn, hochspannend und aufregend. Ich fühle pures Glück, wenn ich das Ziel erreiche.
Thorsten Schröder über Training neben dem Job
Sie sind voll berufstätig und nehmen dennoch seit über 20 Jahren an Triathlon-Events teil. Wie bewältigen Sie das enorme Trainingspensum?
Thorsten Schröder: Zeitaufwändig wurde das Training ja erst mit der Langdistanz Ende 2011. Im Herbst und Winter geht’s mit acht bis zwölf Stunden pro Woche harmlos los, das konnte ich gut organisieren. Schwierig wird’s erst im Frühjahr und Sommer, wenn lange Radausfahrten und Läufe anstehen. Neben der Arbeit bis zu 20 Stunden für Sport freizuschaufeln, braucht Organisationstalent. Meine Freundin hat mich sehr unterstützt, ohne sie hätte ich die Hawaii-Qualifikation nicht geschafft!
Was fasziniert Sie daran, sich über 10 Stunden zu schinden, zunächst im Wasser, dann auf dem Rad und zuletzt auf der Laufstrecke?
Thorsten Schröder: Vor meiner ersten Langdistanz stand die große Frage: Bin ich in der Lage, meinen Körper und meine Psyche so zu trainieren, dass ich eine so wahnsinnig lange Strecke schaffe? Das auszuprobieren, fand ich toll! Mich fasziniert es, mich auf einen Tag X zu fokussieren. Keine zweite Chance, alles muss passen – ein besonderer Kick. Ich mag es, körperlich wie psychisch auf die Probe gestellt zu werden. Bei einer Langdistanz spürt man seinen ganzen Körper, muss mentale Stärke beweisen. Je schwieriger der Wettkampf, umso größer das Glück, wenn ich ihn durchstehe. Aber alles hat Grenzen: Einen Ultratriathlon oder das Race Across America würde ich nicht machen.
Mentale Herausforderung der Triathlon-Langdistanz
Wie meistert man die Herausforderung Triathlon-Langdistanz mental – oder kommt es dabei vielmehr darauf an, den Kopf möglichst auszuschalten?
Thorsten Schröder: Der Kopf muss eingeschaltet sein, ansonsten gibt’s zu viele Hürden, über die man nicht springen mag. Ich sehe beim Start nicht die 226 Kilometer vor mir – dann würde ich gleich verzweifeln! –, sondern habe als erstes Ziel die Wendeboje, nach der es ja schon wieder Richtung Schwimmziel geht, zurück ans Ufer. Schwupps, schon ist die erste von drei Sportarten geschafft! So hangele ich mich voran. Als ich beim abschließenden Marathon in Hamburg gut im Rennen lag, aber noch zulegen musste, hab ich mir gesagt: „Entweder holst du jetzt 45 Minuten lang alles aus dir heraus, obwohl du am Ende bist und qualifizierst dich für die Ironman-WM auf Hawaii oder du machst schlapp und nimmst nächste Saison noch mal eine riesige Trainingsanstrengung auf dich, um die Quali zu schaffen. Aber hast du dafür noch mal die Energie?“ Also hab ich Gas gegeben und mich qualifiziert.
Radfahren in Hamburg
Wo in und um Hamburg sind Sie mit dem Rad gern unterwegs?
Thorsten Schröder: In Hamburg Rad zu fahren ist kein großer Spaß, aber da ich am nördlichen Stadtrand wohne, ist der Weg nach Schleswig-Holstein nicht weit. Dort hat es viele ruhige Straßen ohne viel Autoverkehr. Ich fahre gerne in der Region bis Bad Oldesloe oder Bad Segeberg. Sehr schön ist auch der Weg durch die Holsteinische Schweiz an die schleswig-holsteinische Ostseeküste.
Auf Ihren Radreisen in ferne Länder haben Sie den Fokus eher auf entschleunigte Reisen gelegt. Welche Radreise bleibt als besonders eindrucksvoll in Erinnerung?
Thorsten Schröder: Jede Radtour war beeindruckend. Ob durch Länder wie Ungarn, Rumänien und Bulgarien, gleich nach Fall des Eisernen Vorhangs, durch Chile, Argentinien, Lesotho, Swasiland, Marokko, China, Laos, Pakistan oder Neuseeland – immer habe ich großartige Landschaften erlebt, gastfreundliche Menschen oder spannende Kulturen. Besonders beeindruckend war die Tour im Mai 2001 von Islamabad in Pakistan über den spektakulären Karakoram-Highway nach China. Wir radelten auf dieser Hochgebirgsstraße, vorbei an den höchsten Bergen der Welt mit ihren 7000 m hohen Gipfeln und waren inmitten der islamisch geprägten Kultur, die wir bis dahin nicht erlebt hatten.
Gefährliche Situationen bei Radreisen
Sahen Sie sich je auf einer Radreise einer gefährlichen oder anfänglich ausweglos geglaubten Situation gegenüber?
Thorsten Schröder: Die meisten Länder sind nicht ansatzweise so gefährlich wie viele meinen. Wir hatten jedenfalls keine Probleme, auch nicht in Ländern wie Rumänien, Südafrika oder Pakistan, von denen uns mancher Horrorgeschichten erzählt hatte. Natürlich sollte man aufmerksam sein und bestimmte Gegenden meiden. Wir hatten fast ausschließlich tolle Begegnungen mit den Menschen. Viele davon bleiben unvergesslich, wie das Yak-Joghurt-Frühstück mit einer uigurischen Bauernfamilie oder als eine vietnamesische Familie für uns ein Huhn geschlachtet hatte und wir einen lustigen Abend in deren Holzhäuschen verbrachten. Oder die sehr direkte Gastfreundschaft der Südafrikaner, an die wir uns erst gewöhnen mussten. Pannen gab es natürlich auch. Ich erinnere mich, dass wir in einer einsamen Gegend in China mal eine wichtige Schraube verloren hatten und stundenlang gesucht haben – letztlich erfolgreich. Wir waren sehr erleichtert.
Zum Abschluss: Welche Nachricht zum Thema Radfahren würden Sie gern mal in der Tagesschau vermelden?
Thorsten Schröder: „Deutschland ist nach dem massiven Ausbau des Radwegenetzes zum fahrradfreundlichsten Land weltweit gekürt worden.“
Radfahren-Serie – prominente Persönlichkeiten auf dem Rad
In (fast) jeder Radfahren-Ausgabe lesen Sie über spannende Persönlichkeiten, für die das Fahrrad einen wichtigen Platz im Leben einnimmt. Dabei stellen wir Künstler ebenso vor wie Fahrradmacher und Athleten – dranbleiben lohnt also!