Light-E-MTBs 2024 im Test: Leichte E-Mountainbikes bis 12.499 Euro
Die Schlankmacher
Light-E-MTBs 2024 im Test: Leichte E-Mountainbikes bis 12.499 Euro
in Test & Teile
Häufig ziemlich leicht, nicht selten auch eben deswegen mit lebendigem, gutem Handling ausgestattet und trotz Kompaktmotoren durchaus ganz schön mächtig im Anstieg – so haben Light-E-MTBs in den vergangenen Jahren den E-Mountainbike-Markt aufgemischt und bereichert. Ihre mittlerweile größere Popularität verdankt das Genre der Light-E-MTBs (alternativ als Light-Assist-Bikes bezeichnet; Canyon führt Light-E-MTBs Kategorie-übergreifend als Compact-E-Bikes im Portfolio) eben diesen Qualitäten, dank derer sie quasi einen gekonnten Brückenschlag zwischen den klassischen Full-Power-E-MTBs mit großen, drehmoment-/leistungsstarken Aggregaten und rein muskelbetriebenen Mountainbikes vollziehen.
Leichter, natürlicher: Gegenkonzept Light-E-MTB
Wo etliche Full-Power-E-MTBs der E-Enduro-Klasse mit extra starkem Motor plus entsprechend großen, schwereren Akkus mit über 700 Wh Kapazität gut und gerne 25 Kilo wiegen, bilden teilweise unter 20 Kilo leichte Light-E-MTBs das erfrischende Gegenkonzept. Klar heißt es im Sattel von Light-Modellen, die eigene Beinkraft beim flinken Erklettern von giftigen Uphill-Rampen mitunter stärker einzubringen, im Tausch dafür profitiert man allerdings von einem deutlich leichteren Bike, das sich etwa in technisch diffizilen Anstiegen teils spürbar leichtfüßiger bergauf steuern lässt.
Und das tendenziell spielerische Handling und geringere Gewicht von Light-E-MTBs hat das Potential, in engen technischen Passagen sowie Sprüngen den Fahrtspaß zu liften, weil sich das Bike mit weniger Kraftaufwand im Gelände bugsieren lässt. Nicht zuletzt für kaum oder gar nicht trainierte E-MTB-Novizen ein Aspekt, den es sich lohnt, beim Kauf des ersten E-MTBs einzukalkieren.
Fest integrierte Akkus vs. einfaches Laden
Wer ein Light-E-MTB in Erwägung zieht, sollte indes ebenfalls bedenken, dass sich bei vielen Modellen der fest integrierte Akku zum Laden nicht entnehmen lässt – konstruktionsbedingt spart das Gewicht. Selbstverständlich lässt er sich grundsätzlich, etwa zum Austausch, nach dem Motor-Ausbau demontieren. Das bedeutet für diejenigen, die nicht über Kellerabteil oder Garage mit Stromanschluss verfügen, dass sie ihr Bike mit Akku zum Laden in die Wohnung tragen müssen. Bei immerhin rund 19 Kilo Light-E-MTB durchaus etwas anstrengend.
Im Testfeld lässt sich der Akku zum Laden nur am Nox und Trek fix entnehmen. Am Trek funktioniert dies nach dem Lösen zweier Schrauben und Abstecken des Stromkabels flott – schon zieht man den Akku nach unten aus dem Unterrohr.
Waren die ersten Light-E-MTBs von vor einigen Jahren hinsichtlich ihres Einsatzschwerpunktes meist als dezent tourigere E-All-Mountains ausgestaltet, stecken die Hersteller die Einsatzbandbreite mittlerweile erfreulich großzügig ab. Das illustriert dieses Testfeld – für fast jeden Fahrertyp/Einsatzzweck ist hier etwas dabei!
Light-E-MTBs: Hohe Einsatzbandbreite
Das neue Scott Voltage eRide 900 Tuned operiert, ebenso wie das Centurion No Pogo SL, das Trek, Stevens’ Neukreation E-Maverick und das gänzlich neu designte Specialized Turbo Levo SL Alloy, im E-All-Mountain-Metier.
Deutlich abfahrtshungriger steuert das, im super 1990er-Neonfarbkleid lackierte, Nox Epium Enduro 7.1 Core als – nomen est omen – langhubiges E-Enduro mit 180-mm-Fahrwerk plus Marzocchi-Stahlfederbein für einen extra sensibel arbeitenden Hinterbau in hartes Geläuf. Dem Nox sozusagen diametral gegenüber stehen die beiden beeindruckend leichten Trail-/Downcountry-Modelle: das Focus VAM2 SL 9.0 und das Rotwild R.X275 Ultra. Höhenmetergeile Carbon-Light-E-MTBs, die mit 16,7 Kilo (Focus) respektive rekordverdächtigen 15,5 Kilo (Rotwild) förmlich nach herausfordernden Uphills gieren.
Die Downcountry-Kategorie, der vor allem das Rotwild zuzuordnen ist, bezeichnet hierbei die Wortschöpfung aus Cross-Country und Downhill. Sprich: Ein Bike, das für renninspiriertes, ambitioniertes Klettern kreiert wurde, Kraft seiner modernen Geometrie mit längerem Reach sowie flacherem Lenkwinkel und breitem Cockpit zugleich erstaunlich viel Spaß und Sicherheit in steileren Abfahrten bietet. In den Händen fitter Fahrer mit top Fahrtechnik ist das R.X275 eine Macht für sich!
Bereichernde Motorenvielfalt
Motorseitig arbeiten im Testfeld vier Modelle. Auf den super kompakt umgesetzten und die Eigenkraft mit maximal 50 Nm Drehmoment respektive 300 Watt Leistungsspitze unterstützenden TQ HPR 50 setzen neben Trek auch Rotwild, Stevens und Scott. Der Leichtmotor des Herstellers von E-Bike-Komplettsystemen aus Seefeld bei München überzeugt selbst bei hoher Last im Steilanstieg mit sehr leisem, nie störendem Summen. Der leiseste Leichtantrieb im Test! Möglich macht das der konstruktive Aufbau des HPR 50, der ohne Riemen und Planetengetriebe auskommt, die speziell bei hoher Betriebslast „lärmen“ könnten. Obgleich in steilen Stichen nach oben raus nicht mit der gleichen, satten Power des Bosch SX gesegnet, gefällt er gerade deshalb Fahrern, die eine kernige, selbst im top Modus „High“ zugleich ausgeprägt natürlich anmutende Unterstützung schätzen. Lob verdient sich aus ergonomischer Sicht zudem die kompakte, intuitiv zu bedienende TQ-Lenker-Fernbedienung.
Der auf 200 Watt Leistungsspitze gedrosselte TQ-Motor am Rotwild liefert deutlich reduzierte Kraft: Teil des extra sportiven Antriebskonzepts für sehr sportive Mountainbiker, die mit dem sehr dezenten Schub vollauf zufrieden sind, zu Trainingszwecken begeistert viel Eigenkraft beisteuern. Die Befürchtung der Testcrew, der kleine 250-Wh-Akku würde frühzeitig schlapp machen, bestätigte sich nicht. Im Gegenteil: ElektroRad-Testfahrer Tom Berger spulte im mittleren Modus beachtliche 45,7 Kilometer und 1183 Höhenmeter ab, im High-Modus 30,6 Kilometer und 775 Höhenmeter bei sieben Prozent Rest-Akkuladung.
Gelungener Mix
Sehr gelungen ist der Mix am Fazua Ride 60 (maximales Drehmoment: 60 Nm) aus natürlich anmutender, im höchsten Modus „Rocket“ gut spritziger Beschleunigungscharakteristik und leisem Laufgeräusch. Cooles Detail bleibt die, per Fazua-Fernbedienung aktivierte, bis zu zwölf Sekunden wirksame, Boost-Funktion für den Extraschub an Rampen. Dabei ruft der Ride 60 maximal 450 Watt Leistung ab. Außerdem gefällt am stärksten Fazua-Leichtantrieb der extra intuitive Wechsel der Motormodi. Nachgebessert werden dürfte die Haptik dennoch etwas: Der Ringschalter ist unnötig schwammig gelagert. Und dem Ride-60-Exemplar am Focus begleitete beim Treten ein leicht mahlendes Geräusch, dessen Ursache sich bis Redaktionsschluss leider nicht ausmachen ließ.
Die zweite Generation des Specialized-SL-Leichtmotors, SL 1.2, arbeitet unverändert mit den bekannten drei Modi Eco, Trail und Turbo, stellt jetzt aber bis zu 50 Nm Drehmoment (der SL 1.1 arbeitete noch mit 35 Nm) und 320 Watt Leistungsspitze bereit. Insgesamt spricht der SL 1.2 deutlich direkter auf den eingebrachten Pedaldruck an als sein Vorgänger, macht in der Trail- und Turbo-Stufe jetzt bärigen Druck, der etwas über dem TQ liegt. Steilanstiege überwindet man so lustvoller und effizienter als mit der wesentlich dezenteren Kraft des SL 1.1. Schön: Der SL 1.2 agiert leiser als der SL 1.1. Boschs Performance SX schließlich stellt, wie der gedrosselte TQ am Rotwild, gewissermaßen eine Sonderform des Leichtmotors dar. Der stark Trittfrequenz abhängige Motorschub ist bei intensiver Beinarbeit nach oben hin gewaltig: Mit bis zu 600 Watt(!) bei 55 Nm Maximaldrehmoment unterstützt er, ist somit im E-MTB- und Turbo-Modus so stark wie manch Full-Power-Aggregat! Vorausgesetzt, man tritt hochfrequenter, was einem als trainierten, sportiven Fahrer entgegenkommt, der sich regelmäßig bei etwa 90 Kurbelumdrehungen pro Minute bewegt. Kaum trainierte Einsteiger hingegen, die mit geringer Trittfrequenz pedalieren, dürften sich schwer tun, dem Bosch SX seinen vollen Wumms zu entlocken. Allgemein dürfte der Bosch SX gerne etwas leiser arbeiten.
Hohes (Spaß-)Niveau im Testfeld
In der Gesamtschau des illustren Testfelds bleibt festzuhalten: Viel Fahrspaß produzieren alle acht Light-E-MTBs. Das Testfeld beweist: E-MTBs mit Kompaktantrieben haben in jeder Bikekategorie ihre Berechtigung! Als zentralen Vorteil von Light-E-MTBs bestätigt das Testfeld das angenehm niedrige Gewicht, aus dem bei gut ausbalancierter Geometrie ein erfrischend dynamisches Handling plus eine leichtfüßige Radkontrolle resultieren.
So erweist sich in der exklusiven Downcountry-/Trail-Klasse das Focus VAM2 SL 9.0 dank traktionsstarkem 130/125-mm-Fahrwerk und gekonnt ausbalancierter Geometrie als erstaunlich potent auf steilen, von wilderem Wurzelwerk durchzogenen Downhills. So verdient sich das Focus eine ER-Empfehlung, punktet überdies mit der guten Vibrationsdämpfung der Carbon-Cockpiteinheit. Im Enduro-Genre trumpft das Nox Epium stark auf, erst recht, nachdem die Testcrew durch Montieren des Marzocchi-Stahlfederbeins in der Geometrieposition mit tieferem Tretlager und noch flacherem Lenkwinkel Abfahrtspotenz wie Laufruhe des Bikes noch steigern konnte. Nicht zuletzt ob der gelungenen Verquickung von Top-Downhillqualitäten mit erstaunlichem Tourenspaß und prima Leichtmotor fährt das Nox eine Empfehlung ein.
Dennoch muss erwähnt werden: Bei fast 9000 Euro Kaufpreis erwartet man teurere, noch bissigere Bremsen und mindestens eine Shimano-XT-Schaltung. Hier dürfte der kostspielig in Europa gefertigte Carbonrahmen Preistreiber sein. In der preislich weit gespreizten Light-All-Mountain-Kategorie (Specialized 6600 Euro, Stevens 6999 Euro, Trek 7499 Euro, Centurion 7999 Euro, Scott 10.999 Euro) sticht das neue Specialized Turbo SL Comp Alloy ausgerechnet als günstigstes Rad mit gutmütigem Handling, klasse Allround-Fahrleistungen und jetzt durchzugsstarkem Motor heraus. So holt es einen Preis-Leistungs-Tipp.
Der Teufel im Detail
Wie kritisch für die Fahrqualität, insbesondere bei feucht-nassen bis schlammigen Bodenverhältnissen, die Wahl der Reifen ist, zeigte sich am Stevens. Dessen zu brav bestollten, insgesamt griparmen Schwalbe-Pneus mit harter Speedgrip-Gummimischung beschnitten sowohl Kletter- als auch Abfahrtsqualitäten des Bikes unnötig. Und die, wie etwa bei Centurion oder Scott praktiziert, über den Steuersatz in den Rahmen geführten, somit innenverlegten Züge respektive Bremsleitungen erzeugen einen cleanen Look, bergen aber das Risiko aufwändiger Wartungsarbeiten, tauscht man etwa einen in engen Radien verlegten Schaltzug. Zumindest für den geneigten Hobbyschrauber stellen seitlich in den Rahmen laufende Züge (wie etwa am Nox) die praktikablere Lösung dar.
Diese Light-E-MTBs haben wir getestet
Marke | Modell | Preis | Prädikat | Bewertung |
Specialized | Turbo Levo SL Comp Alloy | 6600 Euro | Preis/Leistung | 1,3 – Sehr gut |
Stevens | E-Maverick AM 7.4.3 | 6999 Euro | 1,6 – Sehr gut | |
Trek | Fuel Exe 8 GX AXS | 7499 Euro | 1,5 – Sehr gut | |
Centurion | No Pogo SL R6000iTestbrief | 7999 Euro | 1,5 – Sehr gut | |
Scott | Voltage eRide 900 Tuned | 10.999 Euro | 1,5 – Sehr gut | |
Nox | Epium Enduro 7.1 Core | 8699 Euro | Empfehlung | 1,4 – Sehr gut |
Focus | Vam² SL 9.0 | 10.999 Euro | Empfehlung | 1,3 – Sehr gut |
Rotwild | R.X275 Ultra | 12.499 Euro | 1,5 – Sehr gut |
Die ausführlichen Testberichte dieser Light-E-MTBs lesen Sie in der ElektroRad 5/2024. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.